
Nach einer Altaufräum- und Neueinräumaktion im Januar blieben mir von geschätzt 400 Büchern aus DDR-Zeiten noch um die einhundert übrig, von denen ich mich nicht zu trennen vermochte. Und das aus einem einzigen Grund: Sie waren prägend für mein junges Erwachsenendasein, haben Meilensteine in meiner Entwicklung gesetzt und meine Lebensplanung entscheidend mitbestimmt.
Vor einigen Tagen glitt mein Blick dann über die Buchrücken und blieb an einem Buch hängen, das ich seiner Zeit wohl als das aller wichtigste für meine Spätpubertätsphase empfand: „Das Grashaus oder die Aufteilung von 35000 Frauen auf zwei Mann“ von Joochen Laabs aus dem Jahre 1972. Da befand ich gerade mitten im Studium – so wie auch der Held des Romanes, der verzweifelt nach einer Partnerin für ein Bergfest – und letztlich für´s Leben sucht.
Ein feinfühliges Buch über die Auseinandersetzung Jugendlicher mit Liebe, Pubertät und Restriktionen in der DDR. Über die teilweise mühsame, aber behutsame Annäherung an das andere Geschlecht mit allen Höhen und Tiefen, mit allem Hoffen und Zweifeln, wie auch ich sie einst durchlebt habe. Ein leicht lesbares, aber dennoch nicht banales Werk über die Erwartungen und Enttäuschungen des jugendlichen Lebens und mit der unverkennbaren Selbstironie eines sensiblen Autors geschrieben. Und in einer Sprache, die mir sehr imponiert – voller Tiefgang und dennoch simpel.
Was ich eigentlich sagen wollte: Bücher, die bereits in der Vergangenheit einen tiefen emotionalen Eindruck hinterlassen haben – weil vergleichbare Situationen selbst durchlebt und durchstanden wurden – wecken auch nach vielen Jahrzehnten sofort und sehr intensiv die verschüttet geglaubten Gefühle. Es ist, als nehme ich den Jugendlichen, der ich einst war, an die Hand und schaue mit ihm in die eigene Vergangenheit. Ich b i n das innere Kind in mir, das mit den Jahren zu neuen Einsichten und Erkenntnissen gelangt ist und das nun überzeugt davon ist, dass alle Gefühle ihren Sinn machen und dass man nichts verliert, sondern für´s Leben zugewinnt, wenn man sie durchläuft.

Vielen Dank für Ihr/Euer Interesse und beste Grüße
Wolfgang Schiele
Freiwillig emeritierter (Vor-)Ruhestandscoach und Resilienztrainer für angehende Senioren
© Wolfgang Schiele, 2024 | Coaching50plus | info@coachingfiftyplus.de

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