
Da reist man, nichts ahnend, in den Süden, genauer gesagt nach Südtirol – und trifft auf der Busfahrt dorthin einen ehemaligen Klassenkameraden! Und um diesen Zufall noch zu steigern: und das auch noch vor dem nächsten Klassentreffen, das gut zwei Wochen später stattfinden wird!

Ein prima Gelegenheit, sich acht Tage lang ausführlich zu unterhalten, gemeinsame alte Zeiten zu reflektieren und dann auch noch zusammen neue Eindrücke mitzunehmen. Bei solchen Busreisen (die wir bereits seit Jahren immer mit demselben Veranstalter durchführen) ist ja normalerweise Pärchen- bzw. Singlebetrieb. Für eine halbwegs anspruchsvolle Kommunikation untereinander muss man sich erst finden – das kann ein wenig dauern und wird bei einer Achttagereise zum Glückstreffer. Man weiß normalerweise erst nach einem gehörigen Anlauf, mit wem die Chemie auch stimmen könnte.

So waren wir hier im Vorteil. Besetzten beim ersten Abendessen gleich einen Vierertisch und ohne langes Vorgeplänkel verstanden sich auch unsere Ehefrauen sofort! In einer ganzen Woche hatten wir Zeit für ausgiebige Gespräche, Wanderungen und Ortsbesichtigungen – der Südtiroler Rotwein abends tat ein Übriges! Eigenartig (oder folgerichtig?): Ich lernte erst jetzt einige neue Facetten meines Klassenkameraden wieder, die mir in der aktiven Schulzeit weder aufgefallen noch bekannt gewesen sind. So schließt sich nach über 50 Lebensjahren ein Kreis, der in der Schule begonnen hat.

Eine rundum schöne Reise, weil sie nicht nur durch die tolle Umgebung und das abwechslungsreiche Programm geprägt wurde, sondern auch durch all die persönlichen Geschichten, Offenbarungen und Bekenntnisse, die man auf einem Klassentreffen gar nicht alle aussprechen und bewerten kann.
Vielen Dank für Ihr/Euer Interesse und beste Grüße
Wolfgang Schiele
Freiwillig emeritierter (Vor-)Ruhestandscoach und Resilienztrainer für angehende Senioren
© Wolfgang Schiele, 2024 | Coaching50plus | info@coachingfiftyplus.de

23. September 2024 at 14:14
Lieber Herr Hench,
ich freue mich sehr, von Ihnen nach längerer Zeit wieder etwas zu hören. Ich glaube, wir hatten bei Xing, das ich vor fast zwei Jahren verlasen habe, den letzten schriftlichen Kontakt und Austausch.
Umso mehr freue ich mich also, dass Sie einen sehr umfänglichen Beitrag geschrieben und mein Thema des zufälligen Zusammentreffens mit einem Schulkameraden aus der Abiklasse an Hand eines eigenen Erlebnisses aufgegriffen haben. Damit habe ich gleich einen tollen Überblick über Ihren Lebens- und Werdegang bekommen. Beim Schreiben reflektiert man gleichsam auch sein Leben oder bestimmte Lebensabschnitte und teilt sich – manchmal bewertend, manchmal nicht – sehr intensiv anderen Menschen mit.
Das diesjährige Klassentreffen ist Samstagnacht zu Ende gegangen. Wir (der überlebende, harte Kern, es gibt bereits vier Einschläge) treffen uns seit sechs Jahren zweijährig in meiner Geburtsstadt Aschersleben am Harz. Und die beiden langjährigen Organisatoren suchen jeweils für den Vormittag sehenswerte Ort der Umgebung aus, wo wir dann drei bis vier Stunden wandern, rasten und einkehren. Am Abend dann treffen wir uns in einer Gaststätte und tauschen uns aus. Ungeachtet dessen, dass wir in recht kurzen zeitlichen Abständen zusammenkommen, gibt es doch immer wieder neue alte Geschichten, Offenbarungen, Erkenntnisse und Einsichten. Die Erinnerungen mögen nostalgischer Natur sein und ein wenig Sehnsucht nach einer früheren „heilen Welt“ befördern – aber sie ergänzen den Rundblick auf das Vergangene in positiver und motivierender Weise und sind ein guter Beleg dafür, dass wir uns stets auch weiterentwickelt und verändert haben.
Ich selbst habe in meiner Jugendzeit, so zwischen dem 16. und 24. Lebensjahr Tagebuch geschrieben. Ende 2022 fielen mir die Kladden alle wieder in die Hände und ich begann aufgeregt darin zu schmökern. Manches hatte Ähnlichkeiten mit den Leiden des jungen Werther, manches wiederum war von Zukunftsträumen getragen, die sich zumindest teilweise erfüllt haben. Und wenn man die 70 überschritten hat, darf man schon ein kleines Resümee ziehen. Wichtig ist immer, dass es selbstwertschätzend und wohlwollend ausfällt. So ein Klassentreffen ist, wie oben schon gesagt, ein regressiver Baustein und rundet das Bild von sich und den damaligen Gefährten wunderbar ab.
Einige Aspekte meines Lebens fließen ab und zu in die Beiträge hier im Blog ein. Nach meiner genau 10 Jahre dauernder Tätigkeit als Coach, Trainer und Seminarleiter habe ich mich nunmehr meinem alten, etwas vernachlässigten Hobby, der Fotografie, wieder zugewandt und poste Beiträge und Kommentare hier sowie auf LinkedIn, wo ich die Gruppe „Smart aging – gelassen altern“ mit aktuell 225 Mitgliedern führe.
Ich freue mich über jeden Beitrag und Kommentar; es geht eben nichts über ein Feedback unter Kollegen, Partnern oder auch Kritikern. Vielleicht tauschen wir uns ja auch bei LinkedIn aus, wenn Sie dort angemeldet sind – Sie wären ein gern gesehenes und geschätztes Mitglied meiner Gruppe.
Beste Grüße vom (heute noch sonnenverwöhnten Scharmützelsee) und eine robuste Gesundheit!
Wolfgang Schiele
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23. September 2024 at 9:05
Lieber Herr Schiele,
besonders über solche Schilderungen von Ihnen, die so einen biografischen Einschlag haben, freue ich mich immer sehr.
Ebenfalls in Südtirol traf ich vor Jahren einen Klassenkameraden bei einer Wanderung. Die Unterhaltung, die wir dort führten, wurde besonders wertvoll vor dem Hintergrund seines plötzlichen Todes durch seinen Herzinfarkt ein Jahr später.
Wir besuchten gemeinsam 9 Jahre bis zum Abitur ein Internat im Hochschwarzwald und kamen aus unterschiedlichen Regionen. In den 1960er Jahren und noch längere Zeit hatten wir lediglich drei Heimatbesuche (Weihnachten, Ostern, große Sommerferien).
Für den emotionalen Haushalt eines damals knapp 12-Jährigen war dies durchaus eine beträchtliche Herausforderung, wie Sie sich vielleicht denken können.
Ich selbst kam aus Nordbayern und hatte durchaus drei Jahre daran zu knabbern…. obwohl ich auch die Wahl hatte zuhause bleiben zu können, aber instinktiv entschied ich mich an Ort und Stelle ex post richtig. Das zuvor in der Heimatstadt von mir kurze Zeit besuchte Gymnasium gefiel mir nicht. Ich wollte unter keinen Umständen auf dieser Schule bleiben. Zum Glück hinterfragte mein Vater meinen Wechselwunsch nicht – er hatte auch schon negative Eindrücke anlässlich meines dortigen Schulbesuchs mit einem Teil meiner Lehrer gesammelt und meinen Unmut verstanden.
Er erkundigte sich beim Jesuitenorden, -damals gab es noch eine Kommunität in Aschaffenburg- und fragte dort an, was er denn nun mit mir anstellen könnte. Na ja, dann hörte er aus dem Mund eines geschätzten Paters : Wir haben Schulen mit Internaten. So kam es dann….
Nach den ersten drei Jahren im Schwarzwald fand ich einen ersten Freund, der in der Untertertia zu uns stieß. Durch den freundschaftlichen Kontakt mit ihm wurde ich im Laufe der Folgezeit sozial aufgeschlossener. Manche Lehrer und Erzieher aus dem Jesuitenorden erkannte ich als glaubwürdige Vorbilder. Sie gaben Orientierung für das ganze Leben. Dies ermutigt mich bis heute zum Verbleib in der Kirche, in der sich bei allem unendlichen Verlust an Glaubwürdigkeit auch Menschen finden, denen ein Stück weit nachzufolgen zu versuchen Motiv sein und Orientierung für ein ganzes Leben geben kann.
Gleichzeitig entwickelte sich das Schwarzwald-Internat zu meiner ersten Heimat. Zuhause fühlte ich mich dann nur noch als Gast.
Und was passierte im Ruhestand, nach meiner letzten beruflichen Station in meiner nordbayerischen Heimat, an der Schwelle zum Ruhestand ? Ich zog stante pede in den Schwarzwald, zwar nicht wieder in den tiefsten Hochschwarzwald, sondern nach Freiburg (zu welchem wir schon in der Internatszeit Bezüge entwickelten : Theater- und Konzertbesuche, Tanzkurs mit „Ursulinen“, Facharzttermine).
Übrigens trifft sich unser Abiturjahrgang durch unermüdliches Nachsetzen unseres ehemaligen Jahrgangssprechers alle fünf Jahre, meistens noch im Hochschwarzwald, aber auch schon mal z.B. in München (wohin es eine ganze Reihe unserer Jahrgangskameraden verschlagen hat) oder wie zuletzt bei einem Mitschüler und ehemaligen Winzer unterhalb des Hambacher Schlosses. Ich regte an, dass wir uns künftig lieber alle zweieinhalb Jahre treffen sollten, was von etlichen Kameraden und Freunden zunehmend und dankbar aufgegriffen wurde, da die Einschläge in unserem Alter langsam aber sicher näherkommen.
Weiter in den tiefsten Schwarzwald als nach Freiburg wäre meine Lebensgefährtin -mit Recht- nicht mitgezogen. Auch ich kann nun froh sein, hier eine altersgemäß angemessene Infrastruktur zu genießen und ein breites Betätigungsfeld für allerlei Ehrenämter zu haben, die mich aus- und er-füllen.
Mit herzlichen Grüßen zu Ihnen nach Berlin
Franz Hench
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