Ja, lang ist´s her! Denn immer mehr Knöpfe verschwinden – und damit sind nicht die an Hemd und Hose gemeint. Sie werden ersetzt durch – neudeutsch – Touchscreens.

Ich habe mir das Thema aus gegebener Veranlassung mal vorgeknöpft. Denn die K(n)opflosigkeit führt oftmals zu Ärgernissen und zu der Überlegung zurück, ob die gute alte analoge Technik nicht doch fortschrittlicher oder zumindest alltagstauglicher ist. Nur mal ein paar einfache Alltagsphänomene:

Beispiel 1: Beim Kauf einer neuen Küche schauten wir uns lange nach der gewohnten Schalter- und Knopftechnik um. Weitgehend Fehlanzeige. Wir bekamen einen Herd mit Berührungssensoren und mehreren Schiebedisplays. Worauf man mit den Fingern Zeit, Nutzungsbereich und Kochintensität per Fingerbewegung verändern kann. Nach dem Hantieren mit Lebensmitteln, vor allem aber mit Fett und Wasser, reagieren die Sensoren so gut wie nicht mehr. Ergebnis: Einiges war nicht mehr schnell regelbar, kochte über und versaute die Kochflächen. Die vorher glänzende Herdfläche sah nach dem Kochvorgang zudem durch Fett und Lebensmittelreste höchst unansehnlich aus und bedurfte einer intensiven Reinigung.

Beispiel 2: Mein portable Radio. Versehen mit einem Plus- und einen Minuszeichen auf der Oberseite, um die Lautstärke zu regulieren. Na prima – immer, wenn ich versuche, die für mich optimale Geräuschintensität einzustellen, wird es entweder zu laut oder zu leise! Da kannst du nichts machen – du musst dich der Macht der Digitalität unterwerfen! Egal, ob direkt aus dem Äther oder im Zusammenspiel mit einer Musik-App vom Smartphone – es ist einfach nicht möglich, seine Wohlfühllautstärke einzustellen!

Beispiel 3: In manchen Hotels gibt es bereits digital gesteuerte Duschen. Ehe man da die für sich die persönlich angenehmste Einstellung gefunden hat, vergehen Minuten. Ganz zu schweigen davon, das Prinzip der Wassermischung und die Einstellvarianten des intern verbauten Computers zu durchschauen. Das macht das Duschen nach einer gefühlten Viertelstunde doch gleich zum selbstwirksamen Erfolgserlebnis! …
… Wie sehnt man sich da zurück zu seinem häuslichen Einhand-Kipphebel, mit dem man sofort (!) die richtige Temperatur trifft. (Auch wenn man manchmal noch mit den Tücken der Hysterese – ich hoffe ihr wisst, was das ist – zu kämpfen hat …)

Wie angenehm sind dagegen doch die Knöpfe mit Ja/Nein-Funktion. Geräte mit jederzeit sichtbar-verständlicher Zahlenskale und klar definierten Rasten. Es ist die Faszination der Kontrolle, die wir mit Schaltern und Knöpfen haben. Die Touchscreen-Manie führt nicht nur zum Kontrollverlust – es ist bewusster, vorsätzlicher Kontrollentzug! Zwischen den Systemen stellt sich ernsthaft die Frage: Bist du Herrscher oder Sklave? Willst du alltagstauglich bleiben oder willst du technikaffin werden? Möchtest du dich an immer anders gestalteten Bedienoberflächen in Selbstwirksamkeit beweisen oder einfach nur deinen Alltag beherrschen?

Mein Fazit: Touchpads entemotionalisieren uns, sie blenden erlernte taktile Gefühle aus und entziehen uns das „skin memory“ (Rachel Plotnick).

Aber vielleicht sollen wir uns ja bewusst und ausgiebig auseinandersetzen mit der (neuen) Technik, die Ingenieure und IT-Techniker erdacht haben. Damit wir deren Arbeit durch eigenes zeitaufwändiges und schweißtreibendes Lernen bewundern und würdigen können. Und unseren Tribut zollen ob der mannigfaltigen Möglichkeiten, die ein Knopf oder Hebel einfach nicht bieten kann …

Wie titelte doch DIE ZEIT in ihrer N° 43: „Es ist der Knopf, der den Menschen zum Gott macht.“‚
Was zu der apokalyptischen wie dystopischen Überlegung führt: Früher wäre der 3. WK mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über einen (roten) Knopf ausgelöst worden. Das würde heute wohl über ein Touchpad, einen digitalen Schieberegler oder ein Bediendisplay erfolgen. Was das für eine Schweinerei hinterlässt … (siehe oben, Beispiel 1)!

Vielen Dank für Ihr Interesse und beste Grüße!

Ihr freiwillig „emeritierter“ (Vor-)Ruhestandscoach und Resilienzlotse für Senioren
Wolfgang Schiele

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