„Das einzige Konstante im Leben ist die Veränderung“ soll schon Heraklit geschrieben haben. Und der lebte wohl um 520 vor Christi Geburt. Und womöglich blickte auch er eines Tages zu den Wolken am Himmel und stellte fest: Das „Oben“, das Erdferne, ist äußerst flüchtig – eben noch ein Wattebausch, der an ein Gesicht erinnert, jetzt schon einer Schwanenfeder gleich und Sekunden später, in Windeseile, zerstoben ohne Spur am Firmament. Etwas später kam die Erkenntnis, auch das „Unten“, das Erdnahe, sei in ständigem Fluss.

Was wir tagtäglich erschauen in seiner momentanen Wirkung, verändert sich ohne Unterlass. Nur die Geschwindigkeit der Transformationen variiert ständig:
Heute noch wunderbar in Schönheit erschaut, ist das EINE morgen schon in Hässlichkeit vergangen.
Was längst hätte gelöscht sein sollen, überdauert als das ANDERE die Jahrtausende.
Wo wir hofften, selbst bremsen oder beschleunigen zu können, lebt dieses DRITTE sein eigenes unberechenbares Tempo.

So fließt das Wechselnde, Diskontinuierliche, Labile dahin und wir stehen mit offenen Mündern und unbewegt daneben als Beobachter einer vermeintlichen Zauberwelt. Veränderung erneuert, ergänzt, tilgt und komplettiert die uns umgebende Welt. Wir sehen uns immer öfter konfrontiert mit dem Wechsel und dem Wandel in allen nur erdenklichen Lebensbereichen. Der Weltenumbruch vollzieht sich äußerst flüchtig, ist unberechenbarer denn je und im Ergebnis nicht immer klar einzuordnen in unsere menschliche Existenz. Wir sind verunsichert durch die nie dagewesenen Umwälzungen und erschrecken manchmal leis, manchmal laut darüber, dass uns die Kontrolle zu entgleiten droht.

Was tun gegen diese Veränderungen? Im Außen sind uns Grenzen gesetzt, sie zu beeinflussen. Oftmals erscheint es, als vermögen wir sie weder zu entschleunigen noch zu stoppen. Aber wir können im Innen etwas tun. Für uns. Wir können uns seelisch widerstandsfähiger, resilienter machen gegen die immer faszinierenderen, aber oftmals ungesunden und uns überfordernden Herausforderungen und Verlockungen. Reinhard Mey, der Liedermacher, sagte dazu: „Je kaputter die Welt da draußen, desto heiler muss sie zu Hause sein.“ Und meinte damit wohl auch unser Zuhause im Kopf.

Das „Geheimnis“ resilienter Menschen liegt in der Ausprägung und Stärkung verschiedener Schlüsselkompetenzen und persönlicher Haltungen, die den Veränderungsprozess nicht nur erträglich, sondern auch begreifbar, tolerierbar, ja sogar annehmbar machen. In allererster Linie geht es um die Akzeptanz der uns umtobenden Welt. Reinhold Niebuhr, einem US-amerikanischen Theologen, wird folgendes Zitat zugeschrieben: „Gott, gib mir die GELASSENHEIT, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann; den MUT, Dinge zu ändern, die ich ändern kann; und die WEISHEIT, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

Um sich die Gelassenheit im Verhältnis zu den äußeren Veränderungen zu bewahren, sollten wir uns immer wieder daran erinnern, dass wir unserer tiefsten Natur nach analoge Geschöpfe sind. Im Dilemma zwischen ersehnter Konstanz und unabdingbarer Veränderung müssen wir aufpassen, dass in der digitalen Transformation nicht unsere menschliche Kommunikation verkümmert, das Smartphone nicht unseren Verstand ersetzt und unsere Beziehungen nicht zum reinen Signalaustausch verkommen. Wir müssen der drohenden Erosion der Empathie unsere tiefsten inneren Überzeugungen und Gefühle, unser Herz und unseren Verstand entgegensetzen. Kurz: unser Menschsein leben. Dann werden – wenn auch nur in kleinen Schritten – unsere inneren Veränderungen auch auf das Außen wirken und der Welt neue Impulse verleihen.

In diesem Sinne allen Lesern und Kommentierenden einen gesunden und erfüllten Start in das neue Jahr 2021, vielen Dank für Ihr Interesse und beste Grüße

Wolfgang Schiele
(Vor-)Ruhestandscoach und Resilienzlotse für Senioren

© Wolfgang Schiele 2020 | Coaching50plus | https://www.coachingfiftyplus.de