
In einem vor Kurzen aufgenommenen Interview für die Podcastreihe „Gelassen älter werden“ rutschte mir plötzlich – wie von selbst und unzensiert – ein Wort heraus: Altersauthentizität. Als ob der Begriff schon längere Zeit unbewusst in meinen Gehirn herumspukte. Und nun bahnte er sich einen Weg ins Freie!
Bei der Authentizität an sich geht es ja um die eigene Glaubwürdigkeit, die Barrierefreiheit zwischen dem aktuellen Schein und dem Sein. Um das Unverfälschte, das Verlässliche und das Wahrhaftige in uns. Um das, was sowohl unserer Umwelt als auch uns „echt“ im Erscheinen, Auftreten und Handeln scheint.
Oder für mich auf den Punkt gebracht: „Ich lebe mein Alter.“ Ich bin in meiner dritten Lebensphase im Einklang mit mir selber und erlebe mich als eigensinnig, ohne dabei in Unbelehrbarkeit, Sturheit und Starrsinn zu verfallen.
Wie „echt“ fühlt sich das für andere und für mich selbst an? Sozialpsychologen, wie Michael Kernis und Brian Goldman sind der Auffassung, dass es mehrerer Kriterien bedarf, um sich als authentisch zu erleben. Als da sind: Ehrlichkeit, Bewusstheit, Aufrichtigkeit und Konsequenz.
Bezogen auf´s Alter bedeutet das für mich:
1. Sieh der ungeschminkten Realität ins Auge!
Wie ist es um meine psychische und physische Gesundheit bestellt? Was kann ich noch leisten im Alter(n) und wo sind meinen Aktivitäten Grenzen gesetzt? Wie gehe ich mit unangenehmen Botschaften, wie Krankheiten und Todesfällen um, und bin ich auch bereit, sie zu akzeptieren? Wo beginnt der Moment, vor dem ich „Halt!“ und „NEIN!“ sagen muss, weil ich z. B. auch Zeit für mich brauche?
2. Sei dir deiner Handlungen stets bewusst!
Habe ich meine Altersstärken erkannt und mich mit meinen (späten) Schwächen engagiert? Bin ich mit meinen aktuellen Gefühlen im Einklang, sind mir die Motive meines Handelns bewusst und komme ich in der Reflexion meines Lebensweges zu einer wohlwollenden Gesamteinschätzung? Komme ich durch die Selbstwahrnehmung und über die Rückmeldungen Dritter zu neuen Selbsterkenntnissen, die mein Ruhestandsleben reicher und harmonischer werden lassen?
3. Erkenne dein wahres Selbst!
Zeige ich mein wahres Selbst in der Partnerschaft, in der Öffentlichkeit in sozialen Beziehungen? Und geschieht dies ohne versteckte Absichten, vorurteilsfrei und unverstellt? Bin ich bereit, anderen offen und ehrlich meine langjährigen Lebenserfahrungen und Erkenntnisse, meine Erfolge, aber auch meine Misserfolge mitzuteilen? Stehe ich zu meinen Gefühlen und Überzeugungen und verstecke sich nicht?
4. Sei konsequent!
Handle ich immer in Übereinstimmung mit meiner inneren Wertewelt? Bleibe ich meinen Überzeugungen treu, auch wenn das zu persönlichen Nachteilen führen kann? Lebe ich meinen Eigensinn und distanziere ich mich beharrlich und standhaft vom Mainstream, wenn ich zu anderen Schlussfolgerungen gelange?

Viele dieser Kriterien kann man meines Erachtens nach erst nach dem Ausstieg aus dem Berufsleben erfüllen und ausleben. Denn die allermeisten von uns mussten opportun sein, ihre eigenen Werte im Beruf zurückdrängen, sich verbiegen und sogar gegen die eigenen Überzeugungen handeln. Doch jetzt eröffnet sich ein großes Zeitfernster für eine echte Altersauthentizität!
Vielen Dank für Ihr Interesse und beste Grüße!
Ihr (Vor-)Ruhestandscoach und Resilienzlotse für Senioren
Wolfgang Schiele
© Wolfgang Schiele 2023 | Coaching50plus | http://www.coachingfiftyplus.de

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