
Der Begriff Kipppunkt (was für ein Schriftwunder der deutschen Sprache!) ist in aller Munde (man weiß gar nicht wie man die ppp´s alle aussprechen soll …). Vor allem, wenn man von den klimatischen Umbrüchen spricht, denen die Menschheit aktuell ausgesetzt ist. Nun gibt es einen neuen Bezug zu diesem Prachtwort: zum menschlichen Körper nämlich …
Eine US-amerikanische Studie – durchgeführt an 108 Menschen zwischen 25 und 75 – kommt zu dem Schluss, dass der Mensch nicht langsam und stetig altert, sondern in Schüben. Diese sollen um das 44. und nochmals um das 60. Lebensjahr herum zu sprunghaften molekularen Veränderungen führen. Diese beiden Zeitpunkte sollen krankhafte Veränderungen im Körper auslösen. Sie werden in der Studie auch „Alterskipppunkte“ genannt.
Der erste Schub um die 40 bewirke demnach eine Verschlechterung des Alkohol- und Fettabbaus, die Muskeln bildeten sich schneller zurück und die Herz-Kreislauf-Erkrankungen häuften sich. Mit etwa 60 kippe angeblich der Zuckerstoffwechsel und neben dem weiteren Muskelabbau soll die Nierenfunktion instabiler werden.
Der Begriff „Alterskipppunkt“ erscheint mir allerdings unangebracht. Weil er impliziert, dass unser Körper den Veränderungen unumkehrbar ausgesetzt wäre (was allerdings beim Klima der Fall sein dürfte). Aber ich bin überzeugt, dass viel Bewegung, ausgewogene gesunde Ernährung, mehr soziale Kommunikation und Stressvermeidung gegensteuern kann.
Kipppunkte sind per Definition auch drastische Veränderungen des Sozialverhaltens durch das Erreichen eines kritischen Grenzwertes. So habe ich persönlich zwei elementare soziale Kipppunkte erlebt. Einmal beim unfreiwilligen Ausscheiden aus dem Beruf 2014 und zum anderen mit der Aufgabe meiner aktiven Trainer- und Coachtätigkeit zehn Jahre später. Beim ersten sind die Auslöser für die tiefgreifenden Ursachen und schmerzlichen Veränderungen völlig klar und nachvollziehbar. Was genau aber zum Kipppunkt 2023/2024 geführt hat, welche Parameter, Kriterien oder kritischen Massen mein Sozialverhalten radikal verändert haben, das habe ich bis heute nicht schlüssig rekonstruieren können. Vielleicht wollte ich einfach komplett raus aus einem Netzwerk, das mir mehr und mehr vorschrieb, was ich zu tun und was ich zu unterlasen hatte. Vielleicht war es der fiskalische Druck, der mich zu der Überzeugung führte, dass sich bezahlte Arbeit im „Unruhestand“ finanziell in Deutschland nicht lohnt.
Alles in allem bin ich jedoch zufrieden, hinter diesem zweiten Kipppunkt nun meine neuen Passionen gefunden zu haben: Fotografie und Reisen. Denn hinter einem Kipppunkt kann auch eine angenehme, sinnvolle und erfüllende Zukunft stehen …
Gibt es in Ihrem/Euren Leben auch soziale Kipppunkte, die Sie/Euch geprägt haben? Welche Kriterien, Anlässe oder Trigger haben zum Kippen geführt? Welche Parameter lösten den Kipppunkt aus?
Vielen Dank für Ihr/Euer Interesse und beste Grüße
Wolfgang Schiele
Freiwillig emeritierter (Vor-)Ruhestandscoach und Resilienztrainer für angehende Senioren
© Wolfgang Schiele, 2024 | Coaching50plus | info@coachingfiftyplus.de

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