
Wenn man vom „Drei-Instanzen-Modell“ der Psyche von Siegmund Freud ausgeht, dann befindet sich das ICH, unser Verstand, im Spannungsfeld unseres ES, das dem Lustprinzip folgt, und unseres ÜBER-ICHs, das als moralische Instanz arbeitet. Um in diesem Zwiespalt, diesem Kontrast, eine reelle Überlebenschance zu haben, hat sich unser Gehirn Kompensations- und Bewältigungsmechanismen zugelegt, die innerseelische und zwischenmenschliche Konflikte verarbeiten können. Es ist wohl Anna Freud, der Tochter des großen Psychoanalytikers zu verdanken, dass wir heute über eine umfangreiche Vielfalt von gut beschriebenen und alltagstauglichen Abwehrmechanismen verfügen, die verständlich und einleuchtend sind.
In den kommenden sieben Beiträgen möchte ich kurz auf jeweils zwei dieser „Immunreaktionen“ unseres ICHs eingehen. Es wehrt unbewusst oder unterschwellig bewusst sowohl die Triebimpulse unseres ES als auch die unangenehmen Affekte unseres ÜBER-ICHs ab. In der Konfrontations- und Pufferzone zwischen unseren (unangemessenen) Wünschen, Bedürfnissen und Trieben und den (unnachgiebigen) Regeln, Geboten und Verboten leistet es situativ zuverlässig seine Arbeit, ohne dass wir uns willkürlich darauf einstellen, geschweige denn gezielt vorbereiten müssen. Fast automatisch hält unsere Psyche einen oder mehrere Mechanismen bereit, um unser Selbstbild zu schützen. Die Seele arbeitet sozusagen im lautlosen und einvernehmlichen Auftrag unserer Identität und versucht, sozial unerwünschte und unvereinbare Handlungen mit Scheinlösungen zu neutralisieren.

Im einzelnen handelt es sich dabei um
Projektion und Verdrängung;
Psychosoziale Abwehr und Reaktionsbildung;
Identifiaktion (mit einem Aggressor) und Verleugnung;
Umgeschehenmachen und Konversion (Somatisierung);
Regression und Rationalisierung;
Affektisolation und Spaltung;
Sublimierung und Derealisation.
Die Abwehrmechanismen sind ein Teil unserer inneren Konfliktlösungsansätze. Sie entwickeln sich individuell im Verlaufe des Lebens und verarbeiten die Erfahrungen, die wir gemacht haben und weiter machen. Sie stellen nicht per se krankhafte Reaktionen auf Reize oder Umwelteinflüsse dar, sondern müssen im Gesamtkontext unseres Denkens und Handels betrachtet werden. Ich würde mich freuen, wenn Sie den sieben Blogbeiträgen folgen würden. Wir starten in Teil 2 mit den „Immunreaktionen“ der PROJEKTION und der VERDRÄNGUNG.
Vielen Dank für Ihr Interesse und beste Grüße
Wolfgang Schiele
(Vor-)Ruhestandscoach und Resilienztrainer für Senioren
© Wolfgang Schiele 2020 | Coaching50plus | https://www.coachingfiftyplus.de
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