
Immer gern als Muntermacher in meinen Workshops biete ich eine Übung an, die die Koordination der beiden Gehirnhälften verbessert, den Kreislauf in Schwung bringt und die Sehnen und Gelenke in Schuss hält: meinen „Schuhplattler“. Der geht so: Alle aufstehen von den Plätzen! Dann rechte Hand auf angezogenes linkes Knie, Bein danach wieder aufsetzen, Arm fallen lassen. Dann linke Hand auf angezogenes rechtes Knie, dann Bein wieder aufsetzen und Arm fallen lassen. Dann wieder die Seiten wechseln. Die Arme werden dabei in einem großen Bogen weit nach oben bewegt, bevor sie das Knie berühren. Das ganze 50 Mal hintereinander – jeder in seinem Tempo! Und wer mag, kann die Bewegung der Arme jeweils mit dem Kopf nachverfolgen. Bei all der „Komplexität“ der Übung lautet mein nicht enden wollender Appell an die Teilnehmer jedes Mal: UND DABEI NICHT DAS ATMEN VERGESSEN!
Wobei ich wieder beim Thema Atmen bin. Leider schenken wir ja der Atmung in unserem Leben nur sehr sehr wenig Auferksamkeit. Weil: Es geht ja ganz von allein, wir müssen bewusst nichts dafür tun. Deshalb merken die meisten von uns auch nicht, dass sie sehr flach und oberflächlich atmen. Wir nutzen nicht einmal annähernd die zur Verfügung stehende Aufnahmekapazität der Lunge, um frischen Sauerstoff zu inhalieren. Geschweige denn, die beiden Lungenflügel komplett zu „entlüften“, d. h. alte Atemluft vollständig auszuatmen und zu erneuern. Die Atmung ist aber die Grundvoraussetzung für (fast) alle Entspannungsverfahren.

Seit einiger Zeit nutze ich die „4711-Methode“ des Atmens. Wissenschaftler nennen es auch „entschleunigtes Atmen“. Übersetzt heißt „4711“ hier folgendes:
4 Sekunden lang einatmen,
dann 7 Sekunden lang ausatmen,
und das ganze (mindestens) 11 Minuten lang.
Ich persönlich praktiziere diese Atemtechnik fast immer beim Spazierengehen. Vier Schritte lang einatmen, dann 11 Schritte lang ausatmen. Am besten auf flacher oder abfallender Gehstrecke, da bei Steigungen ein Sauerstoffdefizit eintreten kann.
Es bedarf schon ein klein wenig Übung, diese Art des Atmens über einen längeren Zeitraum, also empfohlener Weise 11 Minuten, durchzustehen. Deshalb rate ich auch dazu, die eigene Atmung – wenn sie beim Gehen angewendet werden soll – schrittweise umzustellen. In der Regel ist das mit dem Einatmen über vier Schritte kein großes Problem. Aber eben mit dem Ausatmen: Versuchen Sie erst einen 4 – 5-, dann einen 4 – 6- und erst nach einiger Gewöhnung einen 4 – 7-Atemmodus. V
Pausen zwischen dem Ein- und dem Ausatmen empfehlen sich eher nicht zur Entspannung, weil durch das Pausieren ein Aufmerksamkeitsreflex erzeugt wird, der den Körper in Alarmbereitschaft versetzt (Achtung: Atemluft fehlt!) und damit kontaproduktiv ist. Versuchen Sie es gleich einmal! Und testen Sie auch die eingangs beschriebene Überkreuzübung des „Schuhplattlers“. Viel Spaß und danke für Ihr Interesse!
Wolfgang Schiele
(Vor-)Ruhestandscoach und Resilienztrainer für Senioren
© Wolfgang Schiele 2020 | Coaching50plus | https://www.coachingfiftyplus.de
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