Corona ist nur ein Vorgeschmack
Wenn man davon ausgeht, dass all die Hilfsprogramme zur Belebung der Wirtschaft, zur Rettung von Unternehmen, zur Suche nach Medikamenten und Impfstoffen gegen das Virus, zur Finanzierung von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit usw. aktuell und weltweit vielleicht mit 10 Billionen Euro finanziert werden, und wir mit einer Million Toten weltweit rechnen müssen, dann ist das pro Kopf die an sich schon ungeheure Summe von 10 Millionen Euro! (Ist das der Preis für ein Menschenleben? Was muss man herausrechnen, was fehlt in dieser Rechnung? …)


Unbezahlbar und irreparabel

Diesen Betrag wenden wir auf für eine unmittelbare, spürbare und real existierende, gegenwärtige Katastrophe, die aktuell auf die Menschheit hereingebrochen ist. Da wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wissen, dass die von uns in Gang gesetzte Zerstörung der ökologischen Systeme unmittelbare und lebensbedrohliche Folgen für die Hälfte der Menschheit haben und in ihren Ausmaßen weit über die Corona-Pandemiefolgen hinausreichen wird, kann man ausrechnen, dass dass dies die Menschheit hochgerechnet 10 Trillionen Euro (eine 1 mit 16 Nullen!) kosten wird. So viel Geld – und erst recht nicht den Gegenwert davon in Wirtschaftsgütern und Dienstleistungen – kann die Menschheit niemals erbringen. Und schon gar nicht vor dem Hintergrund der sich von Jahr zu Jahr verschlechternden Lebensbedingungen auf unserem Planeten.


Apokalyptische Verhältnisse
Das ist ein finanzieller Vorgeschmack auf das, was auf unsere Kinder- und Kindeskindergenerationen zukommen wird. Nicht davon zu sprechen, welch unendliches Leid sie durchleben werden. Nicht mehr die Wohlstandsgesellschaft der westlichen Welt wird ihr Leben bestimmen, sondern ungeheure Einschränkungen und Anpassungen an die veränderten Milieubedingungen und den Kampf gegen die unbarmherzige Transformation der Natur auf Grund unseres Ökologie vernichtenden Fußabdruckes. Dabei sind die Menschen auf der Nordhalbkugel, und vor allem die in den wirtschaftlich hochentwickelten Nationalstaaten, noch im sozialen und technologischen Vorteil. Das große globale Elend wird sich in den südlich des Äquators gelegenen Regionen abspielen und begleitet werden durch Seuchen (weil den Kreaturen der Natur immer mehr Lebensumfeld entrissen wird, und nicht nur Tiere, sondern auch Keime aller Art neue Lebens- und Reproduktionsräume suchen werden), durch Hungersnöte (infolge von Naturkatastrophen biblischen Ausmaßes) und durch Kämpfe zwischen den Völkern um Ressourcen, wie Boden, Wasser und saubere Luft und: ums nackte Überleben.

Grafik: Pixabay


Die Selbstvernichtung ist komplex und umfassend
Zu Beginn der Pandemie dachte ich, dass sich das Denken loslöst vom Detailblick auf ein Virus (dessen weltweite Verbreitung übrigens mit hoher Wahrscheinlichkeit schon lange vorher auf dem Zettel der Wissenschaftler stand) und sich der Blick öffnet für das ganze Ausmaß der weltweit drohenden Apokalypse. Mit dem Ziel eines langfristigen, gemeinsamen Handelns im Sinne einer neuen Wirtschaftspolitik. Eines Paradigmenwechsels, der die Wachstumslimits festlegt und grenzenloser Ressourcenausbeutung und Verschwendung einen Riegel vorschiebt. Und einer Ethik, die die Bezeichnung „human“ verdienen würde. Aktuell lese ich, dass in den Weltmeeren pro Kubikmeter Wasser mehr Mikroplastik enthalten ist, als Plankton. Die Artenvielfalt in der belebten Natur schrumpft zusehends – fast ein Viertel aller Lebewesen sollen nach Einschätzung mancher Forscher bereits von der Erde verschwunden sein. Unser Trinkwasser wird nachhaltig mit Medikamenten und deren Abbaustoffen verunreinigt. Bereits im Vorjahr wurden Antibiotikareste in Coca-Cola-Flaschen gefunden. Täglich wird die Fläche der weltweiten Regenwälder um die Größe des Saarlandes gerodet. Die CO2-Konzentration in der Luft nimmt nach der Klimakonferenz von Paris 2015 nicht etwa ab, sondern weiter zu, von Corona bedingten temporären Entlastungen einmal abgesehen. Doch es steht zu vermuten, dass wir über kurz oder lang den alten Ausstoßlevel an Treibgas wieder erreichen oder sogar übertreffen werden.

Nach einem überraschten Erschaudern der Politik und einer – wie es scheint einmaligen monetären Gewaltanstrengung – wird aber nur eines angestrebt: Die Rückkehr zu einem Kapitalismus der früheren Wachstumszahlen, nach einen „weiter so, wie bisher“ mit bleibender, stetiger Expansion und extensiver Naturausbeutung als je zuvor.

Das Gute im Schlechten finden?
Ich treibe es einmal auf die Spitze: Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist die schnelle Findung eines universellen Impfstoffes gegen das Coronavirus. Das würde den Eindruck erwecken, dass die Menschheit gegen alle Unbilden der Natur gewappnet ist, unangreifbar, unverletzlich eben. Die Folge wäre in der Tat eine Gesellschaft, die sich weiterhin nur halbherzig (wenn überhaupt) und widerwillig mit dem Herannahen und den Folgen des Klimawandels und anderen ökologischen Unheils auseinandersetzt. Gefahren werden erfahrungsgemäß erst dann bekämpft, wenn sie auch einen unmittelbaren und schmerzlichen Geld- und Machtverlust bei den Reichen und Regierenen hinterlassen. Einer meiner früheren Vorgesetzten meinte einst, dass wir in guten Zeiten nicht über den Ernstfall nachdenken sollten, sondern die Gewinne besser kapitalisieren. Und in schlechten Zeiten sei eh kein Geld da, um gegenzusteuern. Da müssen man die Verluste eben wie in einer Schicksalsgemeinschaft sozialisieren.

Die Egoismen der Mächtigen
Die Klimakatastrophe wird an Einzelereignissen festgemacht, von denen man glaubt, eines nach dem anderen angehen und beherrschen zu können. Aus heutiger Sicht besteht in den Augen vieler Mächtiger keine Notwendigkeit, Unsummen von Geld aus dem Wachstum, der Konsumtion, dem Luxus der Welt abzuziehen und präventiv für deren Rettung einzusetzen. Die Katastrophe – wenn sie denn überhaupt eintritt – liegt in einer generationsfernen Zukunft, und spätere Jahrgänge werden durch den technischen Fortschritt die Entwicklung des Planeten schon wieder ins Lot bringen. Warum das so ist? Weil die Politiker von Legislaturperiode zu Legislaturperiode denken und handeln. Weil die meisten Gesellschafts- und Wirtschaftslenker der Jetztzeit das Chaos selbst nicht mehr erleben werden, aber die Entscheidungen treffen. Weil es wichtiger ist, jetzt Macht auszuüben und Egomanie vor Gemeinschaftsdenken steht.

Foto: Wolfgang Schiele

Doch kein Schwarzer Schwan?
Eigentlich sollte sie, die Pandemie, ein Schwarzer Schwan sein. Im Sinne von Nassim Nicholas Taleb, der mit dem seltenen Tier metaphorisch Ereignisse umschreibt, die nicht denkbar, nicht logisch ableitbar sind – und dennoch mit fundamentaler, positiver oder negativer Wucht über uns hereinbrechen. Meiner Auffassung nach war es kein schwarzer Schwan, sondern es war das Pferd eines apokalyptischen Reiters, das sich mit unüberhörbarem Hufgescharre Gehör verschaffen will. Nun kennen wir vier zerstörerische Reiter aus der Bibel. Sie kamen nicht gleichzeitig, denn die Siegel des Buches Gottes wurden nacheinander gebrochen. Welcher von den vieren war es … und wann kommt der nächste, wann der letzte …?

Vielen Dank für Ihr Interesse und beste Grüße

Wolfgang Schiele
(Vor-)Ruhestandscoach und Resilienzlotse für Senioren

© Wolfgang Schiele 2020 | Coaching50plus | https://www.coachingfiftyplus.de