Foto: Wolfgang Schiele

Wir werden nicht jünger – zumindest nicht biologisch. Und mit dem langsamen organischen Rückbau unseres Körpers gehen vermehrt Krankheiten einher, die behandelt werden müssen und auch sollten. Dafür braucht es Mediziner, meist sind die Hausärzte gefragt. Schließlich wird ein Arzt-Patienten-Gespräch geführt. Und dessen Inhalt und Form kann neben den verschriebenen Medikamenten und Therapien zu erheblichen Komplikationen und Nebenwirkungen führen …

Patientengespräche und ihre Wirkung
Die Effekte, die sich aus der Kommunikation zwischen Arzt und Patient ergeben, sind bisher noch recht wenig erforscht; allerdings haben sie immer einen Einfluss auf die Befindlichkeiten des Patienten – je nachdem wie das Gespräch gelaufen ist. Leider ist es auch heute noch so, dass Ärzte in ihrer Ausbildung verhältnismäßig wenig auf Patientengespräche vorbereitet werden. Außer, man wählt eine psychologische Fachrichtung …

Placebo – Nocebo?
Was genau ist nun der Nocebo-Effekt? Einfach erklärt ist er das Gegenteil vom Placebo-Effekt – ein gesundheitsfördernder Effekt, der bei vielen Menschen nach der Aufnahme eines wirkstofffreien Medikaments eintritt. Nocebos hingegen rufen unerwünschte Wirkungen hervor, die nach einem vermeintlichen Schadstoff auftreten, obwohl er keiner ist.

Verbale Suggestion
Wenn die Nocebos nun keine Pillen oder Pülverchen sind, sondern verbale Äußerungen, dann sind sie viel schwerer zu enttarnen. Es gibt eine Menge von Fallbeispielen, bei denen allein die Mitteilung über eine geringes Überlebenschance oder die Aussichtslosigkeit einer Operation zu einer spürbaren Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder sogar zum Tod führten, ohne dass die eigentliche Krankheit ursächlich daran schuld war.

Eigene Erfahrungen und Glaubenssätze
Ich glaube, wir haben ihn alle schon mindestens einmal selbst gespürt, diesen Effekt. Weil sich die Aussagen und Botschaften der Menschen, denen wir vertrauen oder gesundheitliche Kompetenz zuschreiben, in unsere Gedankenwelt einbrennen. Wir werden sie einfach nicht los und übernehmen sie in die Welt unserer persönlichen Glaubenssätze. Und das macht Angst und kann krankmachen.

Collage: Wolfgang Schiele

Auslöser von Nebenwirkungen
Weil Arzt- und Aufklärungsgespräche Erwartungsprozesse in uns auslösen – in beide Richtungen – zum besseren und zum schlechteren. Weil Bilder entstehen, die zu unerwarteten Nebenwirkungen führen können. Weil wir uns einbilden, gerade zu dem Anteil von Menschen gehören, die schicksalhaft erkrankt sind. – Und nicht nur durch die Patientengespräche werden die Nocebo-Erwartungen gepusht – auch unsere Medien haben einen großen Anteil daran, dass in unserem Kopf Bilder und Grübelschleifen erzeugt, gespeichert und immer wieder unbewusst aufgerufen werden.

Nocebo-Effekte eindämmen
Das medizinische Personal ist verpflichtet, über die Krankheiten, die Wirkung von Therapien und Medikamenten sowie mögliche Nebenwirkungen aufzuklären. Was tun, um nicht unnötig in eine Nocebo-Falle hineinzugeraten? Hier sollten beide Kommunikationspartner einige Aspekte beachten.

1. Grundsätzlich sollte das Gespräch von gegenseitiger Achtsamkeit und Wertschätzung geprägt werden; in einer möglichst ruhigen und angstfreien Umgebung und ohne Zeitdruck.

2. Die Aussagen des Arztes sollten positiv formuliert sein und die Heilungsaussichten im Vordergrund stehen. Und der Patient sollte sich nicht von allgemeinen Statistiken, die seine Individualität nicht berücksichtigen, (ver-)leiten lassen.

3. Auch (und gerade) Patienten haben ein Recht auf Nichtwissen. Und Ärzte können ihrerseits auf einen detaillierten Aufklärungsverzicht hinweisen, sofern eine Grundaufklärung gewährleistet ist.

4. Bei unklaren medizinischen Aussagen, fehlendem Verständnis für Fachbegriffe oder falschen Rückschlüssen zu vermeintlich vergleichbaren Fällen – immer nachhaken. Mögliche Missverständnisse nicht im Raum stehenlassen.

5. Es hat sich herausgestellt, dass sich der Nocebo-Effekt bei wiederholter Aufklärung verstärken kann. Also nicht jedes Mal z. B. auf Nebenwirkungen hinweisen oder sie nachfragen, sondern an das Erstgespräch erinnern und sich das bestätigen lassen.

6. Auch wenn medikamentöse oder therapeutische Nebenwirkungen nicht auszuschließen sind – behalten Sie immer den größeren Nutzeffekt im Auge. Konzentrieren Sie sich auf Ihre zukünftig wiederhergestellte Gesundheit – und nicht auf den aktuellen Krankheitsverlauf.

7. Sollten Sie Patientengespräche wiederholt mit schlechten Gefühlen, angsteinflößenden Bildern und negativen gesundheitlichen Erwartungen verlasen, dann denken Sie darüber nach, ob nicht ein Arztwechsel die bessere Alternative ist.

Vielen Dank für Ihr Interesse und beste Grüße – und stellen Sie sich schon jetzt mit allen Sinnen vor, wie es sich anfühlt, gesund zu sein!

Ihr (Vor-)Ruhestandscoach und Resilienzlotse für Senioren
Wolfgang Schiele

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