Die Übergangszeit vom Beruf in den Ruhestand beginnt …
… und es beginnt sich etwas zu ändern.
Erst einmal haben wir etwas verloren. Unseren Beruf nämlich. Ob offen oder verdeckt: Wir haben einen Verlust zu beklagen. Wir wurden „entberuflicht“. Im wörtlichen Sinne: außer Betrieb genommen. Ob wir damit glücklich sind oder nicht, sei erst einmal dahingestellt. Es fehlt etwas, was uns Richtung und Ziel vorgegeben hat.
Wir sind aus einem Milieu ausgeschieden, das uns viele Jahrzehnte lang umgeben hat. Wir bekamen in dieser Zeit vielfältige Aufgaben übertragen, mussten je nach sozialer Stellung die Verantwortung für die Lösung von definierten Aufgabe übernehmen und die Folgen aus diesen Aufträgen ertragen; wir erhielten Rückmeldungen von Dritten darüber, ob wir erfolgreich waren oder nicht. Wir entwickelten Eitelkeiten oder Ehrgeiz, Missmut oder Gegenwehr, Apathie oder inneren Widerstand – je nachdem, ob uns diese Aufgabe gefiel, wir uns unterfordert oder überfordert, missbraucht oder hofiert fühlten.
Meist folgten wir einem Zwang: nämlich für unsere Arbeit ein Äquivalent zur Lebenserhaltung zu erwirtschaften: in erster Linie einen Lohn, um leben zu können.
Dann suchten wir die Anerkennung – sei es die der Vorgesetzten (und ich kenne wirklich niemanden, der nicht noch einen Vorgesetzten hatte) oder der eigenen Kollegen, auch wenn diese „Anerkennung“ sich oftmals als Neid manifestierte.
Was wir wohl am wenigsten bewusst wahrnahmen: wir waren in eine unsichtbare Struktur von sozialökonomischen Zielen und Leitplanken integriert, die uns vorgab, welche nächsten Schritte im Leben wir zu gehen hatten.
Das Leben war messbar an den Ergebnissen unserer Berufstätigkeit, der Tagesablauf weitestgehend bestimmt von Zwängen der Arbeitswelt und geordnet nach vielfältigen sozialen, gesellschaftlichen und betrieblichen Regeln und Vorgaben. In einem klaren System von Normen und Restriktionen herrschte nachvollziehbare Ordnung und waren klare Machtverhältnisse, ein definiertes Oben und Unten, an der Tagesordnung. Auch wenn wir uns in diesem System nicht immer wohlfühlten: Es gab uns Klarheit und Sicherheit im Handeln, setzte Maßstäbe und verfügte über Grenzen. Wir wussten im Großen und Ganzen, was zu tun war, wie wir uns zu verhalten hatten, um unsere Ziele zu erreichen und wir waren uns auch der Konsequenzen bei Nichteinhaltung dieser Systemvorgaben bewusst. Das Leben war geregelt und die Risiken überschaubar.
Und nun der Trauerfall; der Verlust einer jahrzehntelangen festumrissenen, strukturierten Beschäftigung. Der Verlust des Berufes, mit dem wir uns identifiziert hatten, für den es eine hierarchische Rollenzuweisung gab und aus dem sich Macht, Unterordnung und Zielbestimmung ergaben. Auch, wenn wir uns sonst ungern fremdbestimmen lassen möchten: für den Job machte es einen gewissen Sinn. Deshalb kann das Außer-Betrieb-setzen schon einen herben Verlust darstellen und muss durch eine neue Selbstbestimmung im Ruhestand ersetzt werden!
Ihr (Vor)Ruhestandscoach Wolfgang Schiele
© Wolfgang Schiele 2017 | Coaching50plus | http://www.coachingfiftyplus.de
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