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… mit dem Titel „Sorge dich nicht – lebe!“ von Dale Carnegie. Nervös, mit flatternden Händen und einer gefühlten Herzfrequenz von 180 Schlägen pro Minute blättert Robert K. in dem Buch.

An einem Kapitel bleibt er längere Zeit hängen und vertieft sich in den Text; es ist das Kapitel mit der Überschrift „Wie man in 14 Tagen eine Depression heilt“. Hier prägt sich ein Satz in seinen Kopf ein, den Carnegie von Carl Gustav Jung übernommen hat: „Ungefähr ein Drittel meiner Patienten leidet an keiner klinisch feststellbaren Neurose, sondern an der Sinnlosigkeit und Leere seines Lebens.“ Ja, in genau dieser Situation befindet sich Robert K. zurzeit – im Zweifel an sich selbst, im Hadern mit der Welt, die ihn freigegeben hat und ihn nun scheinbar nicht mehr braucht. Aber nicht sein Umfeld, so ahnt er, muss sich für ihn ändern, sondern er für die ihn umgebende Ruhestandswelt. Und er beginnt nach den Ursachen für seine niedergeschlagene und mutlose Stimmung zu suchen, beginnt die Selbstvorwürfe zu ergründen, die ihn bislang fest im Griff hielten und spürt im tiefsten Innern, dass er nicht den Problemen, sondern den Geschenken im Leben hinterherlaufen muss.

Und noch eines nimmt er Schritt für Schritt wahr: Es ist seine falsche Erwartungshaltung an die Umwelt, sein nicht vollzogener Rollenwechsel, seine immer noch im alten Leben fest verwurzelte Wertewelt. Und er kommt im Laufe dieses Tages zu dem Schluss, dass er zwar willens ist, wieder Boden unter die Füße zu bekommen und bereit, sein Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Aber auch, dass er dafür professionelle Unterstützung benötigt. Das fällt ihm enorm schwer: sich einzugestehen, dass er für eine sinnvolle Zukunftsgestaltung im Ruhestand psychologischer Hilfe bedarf. Noch nie in seinem Leben hat er an seiner Psyche gezweifelt und nur milde gelächelt, wenn ihn Gerüchte über seelisch erkrankte Kollegen erreichten. „Das kann mir nicht passieren – und im Übrigen sind die Leute selbst schuld daran“, so lautete seine Meinung. Er überwarf sich immer wieder mit seiner inneren Stimme: „Dass gerade mir das passieren muss, jetzt, im Ruhestand, den viele Menschen als ein erstrebenswertes Lebensziel betrachten.“

Es dauerte keine zwei Tage und Robert K. hatte das Buch von Carnegie regelrecht verschlungen. Am dritten Tag googelte er Adressen und Expertisen von Psychologen und Psychotherapeuten in seiner näheren Umgebung. Und fand u. a. einen Mediziner, der mit neuartigen energetischen Therapiemethoden arbeitete. Überraschend schnell bekam er einen Termin und er fürchtete den Tag, an dem er im Sprechzimmer des Psychotherapeuten sitzen würde …

Dann war es soweit: Schweißgebadet und mit zittrigen Händen, bedacht darauf, beim Gang zum „Seelenklempner“, nicht von Bekannten gesehen zu werden, machte er sich auf den Weg. Er malte sich aus, welche Psychopharmaka ihm wohl verschrieben würde. Er hatte schon viel davon gehört, dass Antidepressiva mannigfaltige Nebenwirkungen entfalten können und bekam jetzt ein wenig Angst davor. Doch das Gespräch verlief überraschend entspannt und in ruhiger Atmosphäre. Der Therapeut, ein schlanker Mann etwa in seinem Alter, hörte ihm geduldig zu und zeigte ein großes Verständnis für seine Lage. Zu Robert K.‘ s Überraschung verschrieb ihm der Mediziner keine Tabletten, sondern empfahl ihm lange Spaziergänge, viel Bewegung, möglichst dreimal sportliche Betätigung pro Woche und einen ausgeglichenen Tagesablauf. Er ermunterte ihn, sein Erfolge im Leben Revue passieren zu lassen und seine früheren Fähigkeiten für die Bewältigung der Herausforderungen des Ruhestands zu nutzen. Und er gab ihm ein Büchlein mit. „Bitte klopfen! –Anleitung zur emotionalen Selbsthilfe“.

Das Büchlein war seine Hausaufgabe. Wie es Robert K. damit erging und welche Folgen sein Besuch beim Psychotherapeuten hatte, das erfährt der geneigte Leser in Episode 9 „Die Belohnung“.

Ihr (Vor)Ruhestandscoach Wolfgang Schiele

PS:

Einstimmung zur Heldenreise „Versuch einer persönlichen Metamorphose“
https://wp.me/p7Pnay-X7
Episode 1 – „Die heile Welt“
https://wp.me/p7Pnay-Xg
Episode 2 – „Der Ruf zum Abenteuer“
https://wp.me/p7Pnay-Xn
Episode 3 – „Die Weigerung“
https://wp.me/p7Pnay-XP
Episode 4 – „Begegnung mit dem Meister“
https://wp.me/p7Pnay-XV
Episode 5 – „Überschreiten der ersten Schwelle“
https://wp.me/p7Pnay-Yl
Episode 6 – „Bewährungsproben“
https://wp.me/P7nay-YF
Episode 7 – „Vordringen zur tiefste Höhle“
https://wp.me/p7Pnay-Z1

Ihr (Vor)Ruhestandscoach Wolfgang Schiele

© Wolfgang Schiele 2018 | Coaching50plus | http://www.coachingfiftyplus.de