Bernice McCarthy hat im ausgehenden 21. Jahrhundert ein beispielhaftes Lernmodell entwickelt: das „4-Mat-Modell“. Es geht davon aus, dass es verschiedene Lerntypen gibt, die Informationen auf unterschiedliche Art und Weise aufnehmen und verarbeiten.
Das „4-Mat-Modell“ im täglichen Lern- und Erkenntnisprozess
Es ist im Lehr- und Lernprozess vorteilhaft zu wissen, wer welchem Lerntyp am nächsten kommt. Somit kann man z. B. den Teilnehmer an einem Meeting oder den Seminaristen in einem Workshop am besten auf seinem persönlich bevorzugten Informationskanal ansprechen und ihm den Zugang zu Wissen erleichtern. Für Gruppen sollte man abwechselnd und gut dosiert alle vier anbieten, damit sich alle Anwesenden abgeholt fühlen.
• Der „WARUM?“-Typ möchte gern erfahren, welche Hintergründe und Ursachen es gibt, die ein Thema für ihn interessant machen sollten. Weshalb ist es gerade für ihn aktuell, spannend und wichtig? Ihn interessieren die kausal-linearen Zusammenhänge, die Ursache-Wirkungs-Mechanismen eines Phänomens, die „Qualitäten“ der Sache.
• Der „WAS?“-Typ möchte die Daten, Fakten und Zahlen einer Sache oder eines Prozesses erfahren. Über welche Merkmale verfügt der Gegenstand und was alles kann man mit ihm anstellen? Nach welchen Regeln funktioniert er, wie greift alles ineinander und welche meßbaren Größen gibt es? Dieser Typ möchte das „Muster“ erkennen.
• Der „WIE?“-Typ hinterfragt den Prozessablauf, die „Technologie“ eines Vorgangs und möchte die „Sache“ am liebsten gleich mal auszuprobieren. Welche Mittel und Ressourcen stehen zur Verfügung, wie arbeitet das Ding mit anderen zusammen und wie sehen mögliche Lösungen für mein persönliches Problem aus?
• Der „WAS-WÄRE-WENN?“- oder „WOZU?“-Typ interessiert sich – im Gegensatz zum „WARUM?“-Typ – nicht für Ursachen, sondern für Zukunftsszenarien und möchte den tieferen Sinn und Zweck der Sache oder der Situation erkunden. Für ihn ist vorrangig, wie man mögliche Risiken umgehen kann und welche Chancen sich bei seiner Anwendung ergeben.
Das McCarthy-Modell und die Wissenschaft von der Gesundheitsentstehung
Das „4-Mat-Modell“ entwickelt seinen besonderen Reiz und seine Faszination allerdings erst dann, wenn man es in seiner Einheit, im Zusammenspiel aller seiner Komponenten für die Analyse und Bewertung komplexer Sachverhalte nutzt. Einer der ersten, der sich dieses Modell zunutze gemacht hat, war Aaron Antonovsky, der die Entstehung der Gesundheit untersuchte und die sog. „Salutogenese“ begründet hat.
• Der Mensch muss, so seine Auffassung, die Zusammenhänge verstehen können, aus denen heraus sein aktueller (Krankheits-)Zustand entstanden ist: Welche Einflüsse verletzen sein körperliches und seelisches Gleichgewicht? Welche seiner Veranlagungen bergen gesundheitliche Risiken und welche stärken seine Widerstandsfähigkeit? Welche persönliche Vorgeschichte hat er durchlaufen? Alles Fragen nach dem: „WARUM?“.
• Zudem muss der Mensch Vertrauen in seine Fähigkeiten haben und tief überzeugt von seinen natürlichen Ressourcen sein, z. B. an die eigenen Selbstheilungskräfte glauben, um aktiven Einfluss auf sein fragiles Leben nehmen zu können. Er sollte erkennen, wie ein positives Umfeld Gesundung befördern kann. Und sich kritisch hinterfragen, was er eigenverantwortlich tun muss, um seine Situation entscheidend zu verbessern. Klare Antworten auf diese „WIE?“- und „WAS?“-Fragen machen Gesundheit erst handhabbar.
• Die Erkenntnis, dass Gesundheit und Krankheit eng miteinander verknüpft sind, gestattet uns tiefe Einblicke in das Wesen des Lebens: in die Gesetze der Natur und in die Programme der Schöpfung. Daher lautet eine der wichtigsten Fragen: „Wozu bin ich auf dieser Welt?“ Wenn der Mensch dann für sich einen individuellen Sinn im Leben gefunden hat, kann „Salutogenese“ höchst erfolgreich sein und gelingen.
Die „Kohärenz“ (Stimmigkeit) für ein erfülltes Erleben auf dieser Welt ergibt sich allerdings erst in der Symbiose von Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit. Und dafür liefert das „4-Mat-Modell“ m. E. eine hervorragende Vorlage.
Das Zusammenspiel von „VUKA“-Welt und McCarthy´s Modell
Wir leben in einer zunehmend volatileren, unsicheren, komplexeren und ambigeren (mehrdeutigeren) Welt: einer Welt, die „vuka“ ist.
Volatilität
• Dinge, Situationen, Prozesse, Denkweisen und politische Entwicklungen werden immer schneller in ihrer Entwicklung. Rasante Veränderungen sind an der Tagesordnung. Die Instabilität in der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung nimmt ständig weiter zu. Sachverhalte, die bisher einer festen Werteordnung unterlagen, geraten plötzlich aus dem Ruder, ihre Entwicklungsrichtung ist ungewiß und die Konsequenzen daraus sind nicht vorhersehbar.
Unberechenbarkeit
• Die Welt wird immer unzuverlässiger! Vorhersagbarkeit und Prognosen über Vorgänge sind kaum mehr möglich, altgewohnte Prozesse, strenge Regeln und langfristige Zielstellungen verlieren zunehmend an Bedeutung. Entwicklungstrends haben eine minimale Lebensdauer, Planungen von heute müssen morgen schon wieder überdacht werden und der Gewinn eines Produktes oder einer Dienstleistung wird rückläufig, bevor er überhaupt die Entwicklungskosten gedeckt hat.
Komplexität
• Erschienen uns Dinge und Abläufe bisher nur kompliziert, so sind sie bereits so komplex, dass sie selbst von Spezialistengruppen nicht mehr nachvollziehbar, geschweige denn steuerbar sind. Die Kausalitätsabfolge „Ursache – Wirkung“ wird abgelöst durch ineinandergreifende systemische Konstrukte, die vieldimensional sind. Entscheidungen zu treffen wird zu einer Lotterie, weil zu viele Entscheidungsparameter vorliegen oder keine verlässlichen. Hierarchische Führungskonzepte verlieren ihre Bedeutung zugunsten einer Masse von Mitarbeitern, die in Echtzeit selbst Probleme lösen müssen.
Ambiguität (Mehrdeutigkeit)
• Nichts ist in der „VUKA“-Welt mehr eindeutig und exakt bestimmbar. Es gibt unendlich viele Alternativen zwischen einem „Ja“ und einem „Nein“. Die Welt ist nicht mehr nur in Gut und Böse einteilbar. Wem wir in eine „bessere“ Zukunft folgen sollen, bleibt ungewiss. Was eben noch als ewige Wahrheit galt, verkehrt sich kurze Zeit später schon ins Gegenteil. Das Ergebnis der Addition von 1 + 1 ändert sich nach jeder neuen Aufgabenstellung.
Auf all diese Veränderungen muss der Mensch ein anderes Verhalten finden und eine neue Haltung einnehmen, um in der VUKA-Welt nicht nur zu überleben, sondern geistig, psychisch und körperlich auch noch gesund zu bleiben. Sonst wird er vom Sog der Digitalisierung, von der Augmented Reality, der KI und dem Cyberspace vereinnahmt.
Modellieren Sie die digitale Transformation
Ich habe das „4-Mat-Modell“ von B. McCarthy ein wenig modifiziert und an die Besonderheiten des neuen „Vuka“bulars angepasst. Wenn es beispielsweise in einem Unternehmen zu einer „digitalen Transformation“ kommt (wie intensiv und durchdringend diese auch immer sein mag …), dann sollte man die verschiedenen Kohärenzaspekte Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit im Modell im Gesamtzusammenhang betrachten:
Grundsätzlich macht es für Sinn, beim Übergang in die digitale Welt von Morgen ein sozial verträgliches Verständnis für das anstehende Changemanagement in Unternehmen und Organisationen zu entwickeln:
Wir sollten das Vergangene würdigen, es mit einem nachhaltigen Ritual verabschieden und dann die neue, nahende Realität als zukünftige Normalität anerkennen. Insbesondere an den Führungskräften eines Unternehmens liegt es, den Mitarbeitern die neuen Zusammenhänge zu erläutern und ein gewisses Maß an Angstfreiheit zu schaffen. Welchen Vorgaben wird die digitale Transformation folgen? Was kann der Einzelne tun, um sich anzupassen an die neuen Gegebenheiten? Was muss das Unternehmen an Unterstützung anbieten, um die Belegschaft abzuholen? Beim „Wie“ geht es nun um die Umsetzung der neuen Anforderungen. Wie gelingt es dem Unternehmen, die vorhandenen Kompetenzen in die Digitalisierungsepoche zu transformieren und die Fähigkeiten der Mitarbeiter zu fördern und weiterzuentwickeln? Welche individuellen und kollektiven Strategien müssen verfolgt werden, um Mensch und Organisation fit zu machen für die Herausforderungen der Industrie 4.0? Und nicht zuletzt muss eine Vision her, die in einer von Augmented Reality, künstlicher Intelligenz und Cyberspace beherrschten Welt für den Menschen als sinnvoll, selbstbestimmt und gestaltbar verstanden wird. Wird die kommende Motivation in der Nutzung neuer Freiheitsgrade und der höheren Selbstverantwortung einer Vielzahl von Prozessteilnehmern bestehen? Oder werden die Human Resources die aktive und kreative Gestaltung ihrer VUKA-Welt verweigern und der Künstlichen Intelligenz den Schauplatz der Veränderung überlassen?
Es ist unabänderlich: Wenn sich um uns herum die (VUKA-)Welt verändert, dann müssen auch wir uns verändern!
Das Potenzial des „4-Mat-Modells“ ist unerschöpflich
Das „4-Mat-Modell“ von B. McCarthy besitzt ein unerschöpfliches Potenzial an Möglichkeiten, die uns umgebende volatile, unberechenbare, komplexe und vieldeutige Welt als Erklärungs-, Motivations- und Handlungsmodell näher zu bringen!
Finden Sie Ihren ganz persönlichen Zugang zu dem, was vielen von uns heute noch Angst macht! Und nutzen Sie die Modelle, die für Ihren persönlichen Change geeignet erscheinen. Ich habe meine Entscheidung bereits getroffen.
Ihr (Vor-)Ruhestandscoach Wolfgang Schiele
© Wolfgang Schiele 2018 | Coaching50plus | http://www.coachingfiftyplus.de
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