
Das „Haus der gelingenden Beziehungen“ ist eine Metapher der Positiven Psychologie. Sie wurde ursprünglich von John Mordechai Gottman als Format für die Therapie von Ehekrisen entwickelt und bezieht sich auf die Verhaltensweisen, die Partnerschaften positiv (oder auch negativ) beeinflussen.
Im Zentrum des Modells steht die Herausforderung, die Welt des anderen kennenzulernen, ja bereit zu sein, sich mit dieser Welt vertraut zu machen und daran aktives Interesse zu zeigen. Dies kann nur gelingen, wenn man wertschätzend und wertschöpfend miteinander kommuniziert, dem Partner Respekt und Anerkennung zollt und sich gemeinsam an Erreichtem erfreut. Das funktioniert jedoch nicht ohne emotionale Komponente, ohne die gegenseitige liebevolle und schätzende Zuwendung. Viele, in Partnerschaften lebende Menschen, wenden sich ab oder sogar gegen die Argumente, Haltungen oder Errungenschaften des anderen. Im Privat-Haus gelingen jedoch nur dann gute Beziehungen, wenn respektvolle Kritik am möglichen Fehlverhalten nicht umschlägt in Abwertung und in Verachtung für die Person des anderen. Sondern dann, wenn Träume zu realen Ereignissen reifen, insbesondere die, die eine gemeinsame Wurzel haben und die beide Partner gern verwirklichen möchten. Vielleicht sind die verwirklichten Träume dann auch ein wesentlicher Teil des persönlichen Sinnempfindens. In einer Welt gegenseitigen Verständnisses und ehrlicher Freundlichkeit gelingt es eher, seine Mission zu bestimmen, Wert-Volles zu finden und Spuren für die Nachwelt zu hinterlassen.
nUnsere „VUKA-Welt“, in der wir leben, spielt sich zu einem großen Teil im Arbeits- und Erwerbskontext ab. Wobei „VUKA“ für Volatilität, Unberechenbarkeit, Komplexität und Ambiguität steht. Ich habe versucht, die Gottmanschen Parameter des „Hauses der gelingenden Beziehungen“ auf diesen oftmals unser Leben dominierenden beruflichen Kontext zu transformieren. Damit sie eine Überlebenschance hat in dieser rasanten, unbeständigen, informationsüberfluteten und vieldeutigen Welt.

Im Ergebnis dieser Transformation entsteht die „Organisation der gelingenden Arbeitswelt“. Sie baut darauf auf, dass in einer ziel- und werteorientierten Unternehmung zu allererst ein achtsamer und wertschätzender Umgang zwischen den Mitgliedern gepflegt wird. Die Organisation muss es sich zur Aufgabe machen, Königswissen abzuschaffen und relevante Informationen, die für die Unternehmung von wesentlicher Bedeutung sind, auch konsequent zu kommunizieren und breites, offenes Feedback zuzulassen. Informationen müssen auf allen Ebenen der Organisation und jedem Mitarbeiter permanent zur Verfügung stehen. Die althergebrachten Hierarchien sind weitgehend obsolet und das Unten und Oben muss sich im Interesse des Gesamtorganismus vermischen.
Nicht der Wettbewerb zwischen den Struktureinheiten, sondern die bedingungslose Kooperation aller beteiligten Player ist jetzt und zukünftig der Garant für den Erfolg und den Bestand am Markt. Gleichzeitig müssen die Arbeitsbedingungen so flexibel und beweglich gestaltbar sein, dass sie sich jederzeit schnell an die neuen Außenbedingungen anpassen können. Und an die inneren; Stichwort: Mehrgenerationenteams. Damit steigt jedoch auch die Selbstverantwortung jeder produktiven Zelle des Gesamtorganismus – egal, auf welcher sozio-struktuerellen Ebene sie sich befindet. Die Unternehmen und Organisationen kommen auf Grund der Rasanz der Veränderungen nicht mehr daran vorbei, eine neue Fehlerkultur zu entwickeln und Misserfolge auch offen zu akzeptieren. Die Fähigkeit zum adaptiven Lernen beinhaltet auch die schöpferische Selbstzerstörung mit einer anschließenden grundsätzlichen Neu(er)findung der gesamten Organisation oder großer seiner Teile. Die Ziele des Unternehmens sind nur erfüllbar, wenn sich jeder Mitarbeiter als Mikrounternehmer mit allen Erfolgschancen und Verlustrisiken versteht und die Zukunft als eine kreativ formbare Landschaft verinnerlicht.
Der Umbau von Unternehmungen und Einrichtungen zu einer „Organisation der gelingenden Arbeitswelt“ wird nicht einfach sein und schon gar nicht schnell geschehen. Jedoch scheint mir ein grundsätzlich anderer Ansatz in Anbetracht der mit „VUKA“ bereits eingetretenen Veränderungen nur schwer möglich.
Ihr (Vor-)Ruhestandscoach Wolfgang Schiele
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