Fast unser gesamtes Leben lang wollen wir nach außen hin jünger erscheinen, als wir wirklich sind (mit zwei Ausnahmen: als Kinder und mit der Aussicht auf den 18 Geburtstag!). Mit 70 hat man ein Alter erreicht, in dem sich die Furcht vor dem Älterwerden verwandelt in den Stolz der eigenen Reife. Ich habe eine wichtige Hürde genommen – das 7. Jahrzehnt Lebenszeit ist vorbei – die Sicht auf die 80 ist die neue 60!

Wenn man bedenkt, dass etwa 17% aller Menschen ihren Renteneintritt gar nicht mehr erleben und viele bereits mit 63 (oder gar früher) in den „Ruhestand“ treten, dann gehört man zu den drei Vierteln der Senioren, die im wahrsten Sinne des Wortes überlebt haben. Obwohl statistisch noch ein wenig Lebenszeit vor einem liegt (Männer werden im Durchschnitt in DE 78, Frauen 83) und jedes weitere (Er-)Lebensjahr die Wahrscheinlichkeit noch längerer Daseinserwartung erhöht, sucht man nach den wichtigen Dingen, die man gern noch erledigen möchte …

In den Tagen vor dem – vollendeten bitte schön! – 70sten habe ich mich nach meinen Gefühlen befragt. Wie alt nehme ich mich heute wahr? Was denke ich über mein Alter? Und welche Perspektiven halte ich mir noch offen? Für die Antworten möchte ich etwas weiter ausholen:

Ich erinnere mich noch gut an die Gruppengründung für die Vertreter der Generation 50+ im sozialen Netzwerk Xing. Es war 2012 und ich hatte eine kleine Gruppe um mich scharen können, die relativ aktiv Beiträge postete; etwa 7 – 8% der Mitglieder stellte regelmäßig Artikel ein und kommentierte die Dritter. Das hat sich komplett verändert. Nachdem ich Xing verlassen hatte, gründete ich bei LinkedIn die Gruppe „Smart Aging – gelassen altern“. Zwar kamen bald um 200 Mitglieder zusammen, aber die Aktivitätsrate sank rasant auf 2 – 3% ab, Ich gewann den Eindruck, dass Beiträge konsumiert werden, aber das Selbst-Aktiv-Werden und das Kommentieren scheint vielen Ruheständlern zu aufwendig. Was ich aber in Wirklichkeit sagen will: Die Zeit, die letzten 12 Jahre voller Aktivität, z. B . auch als Coach und Trainer für angehende Ruheständler, sind in Windeseile vergangen. Ich habe das Gefühl, als ob sich der Lebensablauf zum Ende hin immer mehr beschleunigt. Und mich mit meine Bedürfnissen, Wünschen und Sehnsüchten regelrecht vor sich hertreibt.

„Coaching 50+“ nannte ich meine erste eigene Internetseite – nach oben hin altersoffen wollte sie sein. Nun habe ich mich bereits um viele Jahre von der 50 entfernt. Wir ein immer schneller expandierendes Universum verbrauche ich nun meine Restlaufzeit an Raum und Zeit … Wenn mich jetzt jemand fragen würde, wie alt ich mich fühlte – ich sagte wie selbstverständlich: 57! Das wäre übrigens genau das amtliche Alter, das ich hatte, als ich über eine neue Lebensperspektive nach dem Beruf nachdachte und sie dann auch einschlug. Oh du schöne Zeit der Veränderungen!

Um auch auf meine dritte Frage zu antworten: Die Perspektive hat bereits begonnen – ich widme mich meiner dritten großen Liebe, der Fotografie. Aus Sicht der aktiven Aufarbeitung und der kreativen Reflexion, den mehrere zehntausend Bilder wollen gesichtet und neu interpretiert werden. Z. B. gemeinsam mit eingebetteten Zitaten – meinen so genannten „Citatografien“ als „picture words of sense“. In diesem Zusammenhang soll auch mein drittes Buch entstehen, das sich mit den emotionalen und psychologischen Seiten des Fotografierens befasst. Eine Auseinandersetzung im Spannungsfeld zwischen Motiv, Bild und Wirkung … Ich bleibe gespannt auf´s Leben – und Sie/Ihr hoffentlich auch.

Und nun ist Schluss mit der Autolaudatio. Dafür besser noch eines meiner Lieblingszitate von Sören Kierkegaard:
„Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.“

Vielen Dank für Ihr Interesse und beste Grüße!

Ihr freiwillig emeritierter (Vor-)Ruhestandscoach und Resilienzlotse für Senioren
Wolfgang Schiele

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