Sonnenuntergänge sind immer wieder faszinierend und gleichzeitig Balsam für die Seele. Der Abschied des Tages mit einem prächtig gefärbten Himmel macht ihn erst komplett. Egal, wer ihn erlebt: er lässt uns die Strapazen des Alltags vergessen und jeglichen Zorn verrauschen. Deshalb sind in der heutigen Ausgabe von „Wolkenweit“ wieder einige Sunsets zu sehen.
Ein Blick in den Himmel von St. Michael Mount in Südengland
Es ist in der Tat schon über drei Monate her, da ich meine Reihe der „zauberhaften Himmelsbilder“ veröffentlicht habe und meinte, sie sei abgeschlossen. (Elf Vorläufer sind verfügbar – am Ende dieses Beitrags sind die Links vermerkt.) Doch da sich mittlerweile wieder ein paar passende Fotos gefunden haben, möchte ich diese hier auch noch veröffentlichen. Denn sie reißen nicht ab – die Momente, in denen wir mit dem Himmel auch deshalb visuell in Verbindung kommen, weil er gern das ganze Motiv dominiert. Man muss nur ein wenig nach oben schauen …
Himmel mit „Wolkensonne“ über einer Raffinerie in Norwegen
Himmelsaufnahmen haben es manches Mal schwer. Vor allem bei Motiven, die einen leisen, weichen Farbübergang aufweisen. Weil der Kontrast zwischen den Bildpunkten fehlt, kann man die Aufnahme im Nachhinein nicht wirklich scharfstellen. Wenn man es trotzdem erzwingen will, geht oftmals die Faszination der Aufnahme verloren. Der Betrachter meint, dass man hier hätte nachregulieren können oder müssen. Ich persönlich finde, dass es einen besonderen Reiz ausmacht, wenn das Motiv aquarellhaft daherkommt und einen etwas verschwommenen Eindruck macht. Da können und dürfen dann auch ein paar romantische Gefühle aufkommen …
Wenn wir in einen Himmel voller Wolken schauen, dann bleibt uns der Blick in den Kosmos versperrt. Dafür erleben wir das Schauspiel einer großen Reihe von Wolkenformen, die die Wissenschaftler grundsätzlich in 10 Arten unterteilen: Cirrus-Wolken, Cirrocumulus-Wolken, Cirrostratus-Wolken, Altocumulus-Wolken, Altostratus-Wolken, Stratocumulus-Wolken, Stratus-Wolken, Nimbostratus-Wolken, Cumulus-Wolken und Cumulonimbus-Wolken. Ich für meinen Teil habe mich nie gefragt, um welchen Wolkentyp es sich bei meinem Motiv handelt – wenn ich abgedrückt habe, war ich immer nur begeistert von der Vielfalt, Struktur und Farbenfülle sowie von der vergänglichen Pracht der Naturwunder am Himmel. Ohne Wolken wäre der Himmel nur gleichmäßig hellblau und langweilig; die Sterne würden wir wegen der Sonnenhelligkeit auch nicht sehen.
Zwei Tage vor dem Jahreswechsel 2019/2020: Auf dem Seeterrassen in Diensdorf-Radlow leuchtet der Himmel mit den Lampen um die Wette. Man glaubt fast, eine feste Decke über dem Kopf zu haben …
Jeder kennt den Moment: Es geschieht etwas Wunderbares – wie hier am Himmel – aber man hat sein professionelles Werkzeug (die gute Profikamera) nicht dabei … Was soll´s – da muss das Handy herhalten, denn dieser Augenblick wird so nicht wiederkommen, ist nicht reproduzierbar. Die Faszination der Wolkenformation mit den leuchtenden Farben, die der Sonnenuntergang produziert, lässt uns demütig werden. Das Spiel der Natur, aufgenommen durch unsere Sinne und übersetzt durch unsere Neuronen, schmeichelt der Seele und gibt uns Kraft, Mut und Zuversicht für zukünftige Vorhaben.
Im Nordosten von Korsika – Himmel, Wasser und Erde scheinen ineinander überzugehen – eine Symphonie in Blau
Auch wenn er permanent zu sehen ist, der Himmel – wir schenken ihm meist nur dann Aufmerksamkeit, wenn er mit seiner Faszination und Schönheit Schlechtwetterbotschaften zu verkünden scheint. Wie reimte schon Rainer Maria Rilke in seiner ersten Elegie: „… denn das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen, und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht, uns zu zerstören …“ Das trifft allzu oft auch auf die Wolkenbilder zu, die uns zu einem schnelleren Schritt nach Hause anmahnen … Lassen Sie sich aber hier nicht drängen, auch wenn die eine oder andere Bedrohlichkeit von den Wolken auszugehen scheint – es sind nur Projektionen, nicht die Realität; die ist bereits Vergangenheit.
Blick durch eine durchbrochene Kuppel in den sommerlichen Wolkenhimmel …
Ich mag es, in den Himmel „hineinzuträumen“ – auf dem Rücken liegend und beobachtend, wie sich Wolken nähern und wie sie vorbeiziehen, wie sie ihre Form und Struktur verändern, plötzlich auftauchen und jäh auflösen. Ihre Existenz währt in der Regel nur wenige Sekunden bis Minuten. Unbelehrbare halten es auch länger als eine halbe Stunde aus, ohne dass sie sich umformen oder zerfallen. Kein Wolkengebilde gleicht dem anderen, und dennoch haben die Wissenschaftler Wolken klassifiziert, um aus ihnen Rückschlüsse über die vorangegangenen oder die nachfolgenden Wetterereignisse ziehen zu können. Manche Formationen habe ich nur einmal gesehen, wie z. B. die in der Vierergruppe aus Teil 4 meiner Reihe.
Eine wolkige Feuersbrunst zeigte sich am Himmel über dem Ortsteil Bad Saarow-Pieskow am 15. Dezember 2020 – es scheint wie der Vorhof zur Hölle
Bilder müssen für mich ehrlich und authentisch sein. Ich experimentiere zwar auch gern, aber es muss sich in gewissen Grenzen halten. Die Bilder, die ich unter meiner Rubrik „Wolkenweit“ in die Öffentlichkeit entlasse, sind nur dann bearbeitet, wenn die Ausgangsqualität der Motive zu wünschen übrig ließ oder ich absichtlich einen Ausnahmeeffekt erzeugen wollte. Die Natur selbst ist in der Lage, uns ein Feuerwerk an Impressionen zu bieten, das man als Fotograf gar nicht mehr steigern kann oder muss. Heute präsentiere ich drei Kleingruppen, die als Minifotoserien zusammenpassen, weil sie auch zeitlich eng zueinander gehören.
Abendhimmel in der Republik Irland im Frühjahr 2016
Es muss die Sehnsucht sein, die uns beim Anblick der untergehenden Sonne einfängt. Aber wonach sehnen wir uns? Nach Idylle, nach immerwährender Ruhe und Gelassenheit, nach Harmonie und Stressfreiheit? Wir könnten den Moment stundenlang genießen, doch macht er keine Anstalten „einzufrieren“ und zu bleiben. Immer ist er in formatfüllender Größe dabei sich zu verändern, um danach langsam in der Schwärze der Nacht zu versinken. Die Vergänglichkeit der abendlichen Augenblicke wird viele Stunden später belohnt mit einem Sonnenaufgang, der völlig neue Farben hervorzubringen vermag …