Das Gespräch mit seinem Vorgesetzten hat seinen Gemütszustand nicht verbessert. Im Gegenteil: Weil Robert K´s Chef strikte Anweisung hatte, alle betroffenen Mitarbeiter von der Notwendigkeit eines vorgezogenen beruflichen Abganges zu „überzeugen“, kam kein wirklicher Gedankenaustausch über seine Befindlichkeiten in Gang.
Einzig rationale Überlegungen standen im Fokus: die betriebswirtschaftliche Effizienz des Unternehmens und die Art der Abfindung nach der Entberuflichung. Und dann gab ihm sein Chef noch den klugen Rat: „Sei bloß froh, dass Du Dich nicht mit der Digitalisierung rumschlagen musst! Mach was aus Deinem Ruhestand!“ Ziemlich deprimiert machte sich Robert K. an diesem Tage auf den Heimweg. Er kam wie jeden Tag an einem Seniorenheim vorbei. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er „dazugehören“ würde: Zu den Alten! Unnütz und wartungsintensiv. Abgelegt, wie ein alter zerschlissener Mantel.
Mit den Tagen litt auch die familiäre Situation unter dem inneren Groll und der Protesthaltung von Robert K. Und da seine Frau nicht mehr länger bereit war diesen Zustand zu akzeptieren, schickte sie ihn zu einer Altersberatung, die er nur sehr widerwillig aufsuchte. Eine nette freundliche Dame bot ihm Weiterbildungen an, zeigte ihm Möglichkeiten ehrenamtlicher Tätigkeit auf und schlug ihm vor, sich passenden örtlichen Vereinen oder Zirkeln anzuschließen. Auch ein individuelles Coaching – allerdings kostenpflichtig – befand sich im Angebotskatalog der Beratungsstelle. Doch Robert K. war bei all dem nicht so recht bei der Sache und dachte nur an den nahenden Moment des Rauswurfs wegen hochgradiger Entbehrlichkeit. Auch, als am darauffolgenden Abend sein Schwager Lothar versuchte, ihm Hinweise für die dritte Lebenszeit zu geben, schien er gedankenleer und missmutig. Nur eines realisierte er noch sehr nachhaltig: dass von nun ab rein statistisch mindestens 20 Jahre einer verlorenen und sinnlosen Zeit folgen würden, auf die er weder vorbereitet noch wirklich scharf war. Und daran änderten auch seine Begegnungen mit weiteren Freunden wenig, die ihm rieten, noch einmal einen neuen Lebensplan zu entwerfen und aktiv seine späte Freiheit zu gestalten. Immer nachdrücklicher beschäftigte ihn die Frage: „Wie kann man ohne die Arbeit leben, in der man erfolgreich und glücklich war? Und wozu die plumpen Ratschläge und Glückseligkeitsbotschaften um meinen „verdienten“ Ruhestand? Ach, Ihr wisst ja gar nicht, worum es mir wirklich geht …!“
In der nächsten Episode 5 „Überschreiten der ersten Schwelle“ wird sich unser Held mit den beginnenden Realitäten der Rentnerzeit befassen müssen. Bleiben Sie neugierig!
Ihr (Vor)Ruhestandscoach Wolfgang Schiele
Wer die gesamte Reihe lesen möchte – hier die links:
Einstimmung zur Heldenreise „Versuch einer persönlichen Metamorphose“
https://wp.me/p7Pnay-X7
Episode 1 – „Die heile Welt“
https://wp.me/p7Pnay-Xg
Episode 2 – „Der Ruf zum Abenteuer“
https://wp.me/p7Pnay-Xn
Episode 3 – „Die Weigerung“
https://wp.me/p7Pnay-XP
© Wolfgang Schiele 2018 | Coaching50plus | http://www.coachingfiftyplus.de
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