
Im Jahre 2009 hat der Verlag Reader´s Digest eine Untersuchung initiiert, die die Lebenserwartungswünsche der Deutschen erfassen sollte. Die Teilnehmer hatten die Wahl, sich zwischen folgenden Alternativen zu entscheiden: Würden Sie gern 70 Jahre, 90 Jahre, 110 Jahre, 150 Jahre oder 300 Jahre alt werden oder ewig leben?
Was sagt die Mehrheit?
Wofür nun haben sich die Deutschen mehrheitlich entschieden? Na klar, für eine 90-jährige – und nach Möglichkeit halbwegs gesund erlebbare – Lebenserwartung. Mit 56% der große Favorit. Doch man sehe und staune: 10 Prozent aller Befragten möchte ewig leben … Welchen Sinn macht es, keinen (terminisierten) Zielen mehr nachgehen zu müssen, allzeit unverbindlich zu bleiben, alles in Wiederholungsrunden zu erleben …? (Man erinnere sich nur an den Film „Und ewig grüßt das Murmeltier“ mit Bill Muray als Journalist, gefangen in einer endlosen Zeitschleife.)

Was uns alt werden lässt
Nun nach fast zehn Jahren habe ich einen interessanten Artikel in der Wochenzeitung/Broschüre „Die Zeit“ gelesen, die Menschen weit über 100 Jahre interviewt hat. Der Leser erfährt sehr viel über die Kunst, alt zu werden und welche Bedingungen dafür notwendig zu sein scheinen: Eine lebenslang ausgeglichene und naturnahe Ernährungsweise, viel Bewegung im Freien, eine tief verwurzelte Bindung und Einbindung in den Familienclan, gute genetische Veranlagungen, ein hartes, entbehrungsreiches, aber weitgehend stressfreies Leben … Es erscheint erstrebenswert, bei guter oder zumindest ausreichender geistiger und körperlicher Verfassung, ein langes und erfülltes Leben zu haben. Für manchen ist es ein Wunschtraum, den 100. Geburtstag (und natürlich auch die weiteren …) im Kreise seiner Kinder, Enkel, Urenkel, Ururenkel … feiern zu können. Die Zahl der Gratulanten nimmt fast exponentiell zu und die vielen Namen der Nachkommen sind nur noch schwer (wenn überhaupt) auseinanderzuhalten …

Trauer im hohen Alter
Doch eines hatte ich nicht auf dem Schirm: Das die (Über-)Hundertjährigen, die auch als „Centenarians“ bezeichnet werden, das Trauma des Todes ihrer Nachkommen verarbeiten müssen. Wir vergessen bei aller Freude über ein megalanges Leben, dass der Uraltjubilar meist schon vor vielen Jahren seinen vielleicht langjährigen Lebenspartner verloren hat. Und dass nicht nur eines, sondern viele seiner Kinder und Kindeskinder bereits den letzten Weg angetreten haben. Das kann zu Trauerfällen am laufenden Band führen. Zu einer unseeligen Aneinanderreihung von nahe gehenden Abschieden. All das will abgetrauert und verarbeitet werden. Die frühere Hoffnung, vor dem eigenen Ableben noch Wissen, Erfahrungen und Erkenntnisse an die NachfolgerInnen weitergeben zu können, weicht der Ernüchterung, dass man mehrere Generationen rückwärts überspringen muss, um eigene Vermächtnisse in getreue Hände legen zu können. Der Mensch mit 100+ schaut eben auf eine umfangreiche und lebende, aber recht lückenhafte Reihe von Nachkömmlingen zurück.
Das Erbe im hohen Alter weitergeben …
Kurz gesagt: Generativität, der Erkenntnistransfer und die ideellen Vermächtnisse müssen oftmals mehrere Altersstufen überspringen, um am Ziel anzukommen. Wie schwer mag es dann erst sein, sein materielles Erbe in testamentarischer Form niederzulegen (und ggf. permanent anzupassen) …
Beste Grüße und vielen Dank für Ihr Interesse!
Ihr (Vor-)Ruhestandscoach und Resilienztrainer für Senioren
Wolfgang Schiele
© Wolfgang Schiele 2019 | Coaching50plus | https://www.coachingfiftyplus.de
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