
Die Selbstwirksamkeit, also die Erwartung, im Beruf und im Alltag seine Geschicke selbst beeinflussen und kontrollieren zu können, gehört zu den Grundhaltungen der Resilienz. Je nachdem, in welchem Kontext wir tätig sind und welche Aufträge wir erledigen, welche Situationen wir absolvieren oder mit welchen Personen wir in Austausch treten, unterscheiden sich unsere Einflussmöglichkeiten erheblich. Leider sind wir Menschen geneigt, den Dingen, Vorgängen oder Ergebnissen, die wir nicht wirklich beeinflussen können, mehr Aufmerksamkeit und Energie zu schenken, als denen, die wir leicht kontrollieren können …
Schauen wir uns die verschiedenen Lebensbereiche und die damit zusammenhängenden Beeinflussungsoptionen genauer an:

* Die „Circles of Control“ – oder die „Kreise der Selbstwirksamkeit“ – umspannen drei Einflussbereiche:
Der erste umspannt die persönliche Kontrollzone, in der wir unmittelbaren Einfluss auf das laufende Geschehen nehmen und Dinge selbstständig verändern können. In diesem zugegebenermaßen kleinsten und engsten Kreis sind wir die Gestaltenden der Wirklichkeit, meist sogar aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe. Unsere Selbstwirksamkeit ist unmittelbar nachvollziehbar und messbar und stärkt regelmäßig unser Selbstwertgefühl. Wir haben alles, was wir in diesem Bereich tun, unter völliger Kontrolle und müssen keine Einschränkungen in unserem Tun befürchten.
* Der nächstgrößere Kreis umfasst eine Zone, in der wir bedingt Einfluss ausüben können. Arbeiten und Geschehnisse, die wir angehen, sind von uns teilweise veränderbar und beeinflussbar; es gibt jedoch Restriktionen, Vorgaben und Bedingungen, die wir gegenüber Situtionen, Personen und dem Umfeld beachten und einhalten müssen. Unsere Selbstwirksamkeit vermischt sich sozusagen mit Fremdeinflüssen und führt häufig zu Kompromissen. In der „bedingt beeinflussbaren Zone“ lohnt es sich, Herausforderungen anzunehmen, aber auch abzuwählen, wenn klar ist, dass der Energieaufwand in einem inakzeptablen Verhältnis zum Ergebnis stehen wird.
* Den größten Lebensbereich umfasst die „einflussfreie Zone“. In ihr haben wir so gut wie keine Möglichkeit, messbaren Einfluss auf die Umwelt zu nehmen und Veränderungen herbeizuführen. Wenn doch, dann wird die Einflussnahme zeitlich erst viel später wirksam und ein kausaler Zusammenhang ist kaum noch nachvollziehbar. Unsere Selbstwirksamkeit tendiert gegen Null, unsere Gedanken rotieren in Grübelschleifen, unser internes Sorgentelefon klingelt permanent und wir laufen Gefahr, zu verzweifeln. Im schlimmsten Fall erleiden wir eine psychische Störung von Krankheitswert.
Trotz des Wissens um die verschiedenen „Kreise der Selbstwirksamkeit“ tendieren wir gern dazu, unseren Kontrollraum zu verlassen und viel Zeit in der „Sorgenzone“ zu verbringen. Menschen, die über eine starke Resilienz verfügen, vermeiden es, sich durch Bedenken, Grübeln, Sorgenmachen in einen schlechten Zustand hineinzumanövrieren. Sie haben verinnerlicht, was bereits der US-amerikanische Theologe Reinhold Niebuhr vor vielen Jahren – lange vor dem Beginn der Resilienzforschung – auf den Punkt gebracht hat:
„Gott,
gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Bleiben Sie – wann immer es geht – in Ihrer persönlichen Kontrollzone und agieren Sie als Gestaltende(r) Ihres Lebens. Stärken Sie Ihr Selbstwirksamkeitsgefühl mit den Aufgaben und Zielen, die Sie weitgehend ohne fremde Hilfe und ohne äußere Einmischung in Ihrem Sinne lösen und erreichen können.

Vielen Dank für Ihr Interesse und beste Grüße
Ihr (Vor-)Ruhestandscoach und Resilienzlotse für Senioren
Wolfgang Schiele
© Wolfgang Schiele 2020 | Coaching50plus | https://www.coachingfiftyplus.de
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