Grafik: Wolfgang Schiele

Ziemlich genau 10 Jahre ist es her, als ich wegen der Folgen einer viel zu frühen Altersteilzeitregelung meine (nach-)berufliche Ausrichtung veränderte. In der tiefen Überzeugung, dass ich mit 58 Jahren noch nicht wirklich in den Ruhestand gehen wollte, suchte ich nach Angeboten, die als berufsbegleitender Bildungsurlaub angerechnet wurden. Damit wollte ich für meine geistige Neuausrichtung sowohl 10 Tage bezahlte Freistellung erwirken als auch das Finanzamt an meinen Aufwendungen teilhaben lassen. Im umfangreichen Bildungsangebot fand ich bald eine anerkannte Weiterbildungsmöglichkeit: Eine 20tägige Ausbildung zum NLP-Practitioner in Berlin beim spectrum Kommunikationstraining. Damit begann mein ganz persönlicher Transformationsprozess …

Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen konnte, war, dass ich als bisheriger und langjähriger Ingenieur in den kommenden 10 Jahren zu mehr als einem Dutzend Coachingausbildungen zertifiziert werden, mehrere therapeutische Ausbildungen absolvieren und den Heilpraktiker für Psychotherapie erlangen würde. Ich würde etwa 200 Tage in Seminaren und auf Kongressen verbringen und ein kleines, aber feines Trainer- und Coachingnetzwerk aufbauen. Daneben würde ich mit langem Atem in etwa 10 Unternehmen Seminare und Workshops zum Outplacement angehender Ruheständler mit vielen hundert Teilnehmenden durchführen und zwei Bücher über das Alter(n) sowie über DIY-Coachingmodelle für reife Erwachsene schreiben. Ich würde etwa 30 Basic-Präsentationen erstellen, die zusammen als regelrechtes „Psychologisches Minimum“ für Menschen auf dem Wege zum seelischen Selbstverständnis taugen. Ich würde Online-Seminare für angehende Ruheständler sowie Events zu Resilienzthemen für Best ager entwickeln. Im professionellen Netzwerk Xing, heute New Work, würde ich 9 Jahre lang eine sehr aktive (Vor-)Ruhestandsgruppe führen und über Xing fast 17.000 Mitglieder erreichen. Mein Blog würde weit über 300 Beiträge aus den Bereichen (Erfahrungs-)Seminare, Psychologie, Fotografie und Freizeit zählen …

Vorgestern nun finde ich das erste meiner „paperblanks“-Büchlein wieder, in das ich vom ersten Tage meiner beruflichen Transformation an Mitschriften, Eindrücken und Geschichten aufgezeichnet habe. Am 7.11.2021 – nach einem zweitägigen Schnupperkurs im September – fing alles an. In einer Gruppe aus 14 Interessierten bei Evelyne Maaß und Karsten Ritschl in Berlin. Und ich weiß noch ganz genau, dass ich nach den ersten fünf Tagen dieses Veränderungsmanagements in meiner Gedanken- und Ideenwelt wie besoffen durch Raum und Zeit ging, weil ich voller überwältigender Eindrücke war und erst einmal die Orientierung wiederfinden musste. Die richtigen Raum-Zeit-Linien hatten sich gekreuzt, meine Wertewelt befand sich in radikaler Veränderung und meine Schatzkiste der Erkenntnisse wurde unendlich bereichert. Das Goethezitat, das ich damals in meine Kladde schrieb, lautet: „Was immer du tun kannst oder träumst es tun zu können: Fang damit an! Mut hat Genie, Kraft und Zauber in sich.“ Und ich begann dann 2014 als selbstständig-freitätiger Vorruheständler mit der Konzeption und Durchführung von Events für reife Erwachsene.

Ich sammelte Ressourcen ein, von denen ich gar nicht wusste, dass es sie in mir gab.
Ich verlor eine Stelle im Leben, aber ich gewann einen neuen, wertvolleren Platz hinzu.
Ich bekam genau das, was ich wollte.

Was mir heute wie selbstverständlich erscheint, konnte ich noch vor wenigen Jahren kaum erahnen. Ich lernte den Zauber der Submodalitäten kennen, habe mich in zwei spannende NLP-Sprachmodelle verliebt und schnell verstanden, dass die Welt und die Wahrheit immer im eigenen Kopf konstruiert werden. Und dass wir als Menschen nur ganz allein für unsere Emotionen zuständig sind. Gleich zu Anfang habe ich aus den unterschiedlichen Positionen der Menschen im Raum auf ihre Beziehungen untereinander geschlossen und dieses Modell „Geosoziales Tablett“ genannt; ohne zu wissen, dass Jahre zuvor ein gewisser Lucas Derks es als „Soziales Panorama“ in das NLP eingebracht hat. Und so gibt es noch viele Dinge, die ich aufgenommen und verstanden, lieben und schätzen gelernt habe: EMDR, Introvisioncoaching, Schematherapie, Motivationsprofile, die Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie und vieles andere mehr. All die Tools und Interventionen, die ich kennenlernen und üben durfte, wurden zu Bausteinen in meinen Workshops und Coachingsitzungen.

Nun sind die 10 Jahre vergangen, die Erinnerungen bleiben und hallen nach. Ich stehe wieder an einem Scheideweg, weil ich wegen der pandemischen Zeiten nicht ständig von einer platten Scheibe aus mit Seminaristen in Kontakt treten will. Wir entfremden uns nicht nur durch Naturereignisse voneinander, sondern auch, weil die gegenwärtige Zeit nicht den Menschen, sondern der digitalen Welt und der künstlichen Intelligenz den Vorrang einräumt. Ich aber möchte analoger leben – und werde mich mehr der Fotografie und der kreativen Gestaltung widmen. Ich habe die „Struktur der Magie“ kennengelernt, jetzt möchte ich die „Resonanz der Bilder“ spüren.

Vielen Dank für Ihr Interesse und beste Grüße!

Ihr (Vor-)Ruhestandscoach und Resilienzlotse für Best ager
Wolfgang Schiele

© Wolfgang Schiele 2021 | Coaching50plus | https://www.coachingfiftyplus.de