Oder: „Was neben der Nachfolgeregelung noch wirklich wichtig ist …“

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Viele Selbständige und vor allem Firmenlenker, die über Jahre und Jahrzehnte ein Unternehmen geführt haben, tun sich schwer mit dem Ausstieg aus ihrem Betrieb, ihrer Aufgabe und Verantwortung …

Grundsätzlich ist allen – und auch dem Chef – klar, dass einmal der Moment kommen wird, an dem die Geschicke des Unternehmens in andere Hände gelegt werden müssen. Kurz: die Nachfolge muss geregelt werden. Und dabei geht es vor allem um den Erhalt des Unternehmens, die Festigung desselben am Markt, die Geschäftsfortführung möglichst im Sinne des bisherigen Chefs, die Sicherung von Arbeitsplätzen und, und, und … Eben vorrangig um betriebswirtschaftliche und identitätsprägende Faktoren. Erklärtes primäres Ziel: sorgsamer, verlässlicher und nachhaltiger Schutz von Unternehmenswerten.

So weit, so gut und alles okay!

Aber: WER UND WAS SCHÜTZT DEN SCHEIDENDEN CHEF?

Der Übergangs- und Veränderungsprozess des Chefs von der Verantwortung für den Betrieb, die Mitarbeiter, das Kapital und die Kunden hin zur Verantwortung für sein eigens Selbst in der Zeit danach wird oftmals als Tabuthema betrachtet … und schon gar nicht von Profis begleitet! Emotionale Themen, den Firmenchef oder Selbständigen betreffend, haben in der Nachfolgeregelung bislang eine untergeordnete, wenn nicht sogar bewusst unterdrückte Rolle gespielt.

Ich habe einen sechsphasigen Coachingansatz entwickelt, der es genau dieser Zielgruppe ermöglicht, möglichst leicht und konfliktfrei den Weg in den (Un)Ruhestand zu finden, vom „Lebenswerk“ loszulassen und gleichzeitig eine erfüllte, sinnvolle und selbstbestimmte „Späte Freiheit“ zu gestalten und zu erleben.

Erfolge würdigen

In Phase 1 gilt es, die beruflichen Erfolge und die Lebensleistung ausführlich zu würdigen. Hier schauen wir gemeinsam in den „Rückspiegel des Lebens“ und bewerten wohlwollend das Erreichte. Dann erfolgt eine Momentaufnahme, ein aktueller Snapshot, ein „Lebens-TÜV“ mit der zentralen Fragestellung: Wo stehe ich im JETZT und HIER? Um in einer dritten Etappe den „Visionsscheinwerfer“ aufzublenden und nach vorn die Zukunft auszuleuchten.

Biografiearbeit leisten

Die Phase 2 gilt dem biografisch Verdrängten, Vergessenen und Verschütteten – den nicht gelebten Kindheitsträumen und Herzenswünschen, die im Verlauf des Lebens keine Chance hatten, verwirklicht zu werden. Die untergingen im Alltagsgeschehen, weil es Wichtigeres gab. Es ist die Arbeit mit der „verirrten oder veruntreuten Biografie“, aus der sich die Visionen und Ziele der dritten Lebenszeit speisen lassen. Hier öffnen wir die „Schatztruhe der Kindheit“ und schöpfen Ideen und Anregungen daraus.

Neue Ziele entwickeln

Allein Ideen reichen nicht aus, um den Unruhestand mit verlockenden und attraktiven Inhalten zu füllen. Denn wir brauchen eine an Intensität und Ausmaß mit der früheren Position vergleichbare Bedeutung der neuen Aufgaben. Deshalb befasst sich Phase 3 mit sowohl mit den Motivatoren als auch mit den Saboteuren für eine nachhaltige Veränderung in der dritten Lebenshälfte. Und es werden Ziele und Strategien entwickelt, um Ruhestandsfallen und -mythen erfolgreich aus dem Wege zu gehen. Im Ergebnis wollen wir gemeinsam alte Überzeugungen und Glaubenssätze reformieren, alternative Freiräume öffnen und neue Gestaltungsmodelle entwickeln und umsetzen.

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Loslassen!!!

In Phase 4 folgt dann das Loslassen der Vergangenheit: individuell zugeschnittene Interventionen dienen dem wertschätzenden Abschied vom vergangenen Lebensabschnitt. Und ein persönliches erarbeitetes „Loslass-Ritual“ ebnet endgültig den Weg für die anstehenden Veränderungen.

Verlust verarbeiten

Aus der Psychologie wissen wir, dass jeder Verlust einen Trauerfall darstellt. Wird dem Verlust nicht mit Trauer begegnet, dann können psychologische Verletzungen, wie ewige Grübelschleifen, Anpassungsstörungen oder depressive Reaktionen die Folge sein. Also setzt die Phase 5 einerseits auf die ganz individuelle Trauerarbeit, andererseits nutzt sie die im Leben erworbenen Resilienzfähigkeiten und Ressourcen des Klienten als Bewältigungsstrategie(n) zur Zukunftsgestaltung.

Energie neu fokussieren

Denn in Phase 6 werden alle frei gewordenen Kräfte auf die Zukunft ausgerichtet: ganz wie bei einer Flugzeuglandung, wo alle verfügbare Energie in den Umkehrschub geleitet wird, um das Fluggerät in den „Ruhestand“ zu bringen. Hier ist uns vornehmlich die Positive Psychologie behilflich, die die beiden Seiten des neuen Glück mit Inhalt füllt, uns die Kunst des „Savoring“ und die verschiedenen Grundarten des Genießens nahe bringt. Für eine erfüllte und selbst gestaltete Zukunft ohne Reue für das Abgegebene, Losgelassene, Zurückgebliebene.

Menschen, die sich trennen wollen oder müssen – egal, ob vom Berufsleben, einer wichtigen Sache oder einer geliebten Person – lernen nach dem Durchlaufen des Sechs-Phasen-Modells Verluste besser zu verarbeiten und damit wieder glücklicher, alltagstauglicher und zufriedener ihren weiteren Weg beschreiten.

Ihr (Vor)Ruhestandscoach Wolfgang Schiele

„Wir müssen bereit sein, das Leben, das wir geplant hatten, aufzugeben,
um das Leben zu bekommen, das auf uns wartet.“
(Joseph Campbell)

© Wolfgang Schiele 2016 | Coaching50plus | http://www.coachingfiftyplus.de