
Im Teil 1 dieses Titels habe ich versucht, die Grundsätze des Wertequadrats, die u. a. auf Aristoteles zurückgehen, als Entwicklungschance darzustellen. Im Grunde geht es um die Suche nach einem ausgleichenden Verhalten zwischen verschiedenen extremen Werteoptionen, von denen sich je zwei diametral gegenüberstehen oder in gegenseitige Widersprüche verwickelt sind.
Potenziale aus den „Unwerten“ heben
Ein unbefriedigendes Verhalten, eine negativ besetzte Strebung oder eine behindernde Charaktereigenschaft bekommt neue Perspektiven bei der Ausschau nach Aufwertung, Würdigung und Wertschätzung. Das heißt zum Beispiel in Coachings auf die Suche nach dem positiven Kern (oder den positiven „Körnern“) der entwertenden Übertreibung(en) zu gehen, die vor sich hindösenden Energien in den „Un-Werten“ zu entdecken und ihre förderlichen Anteile in neue Denk- und Verhaltensweisen zu transformieren.
Ein weiteres Beispiel: Aktionismus im Ruhestand
Als Kontrast zum Mangelwert „Einsamkeit“ (siehe Teil 1 unter: https://wp.me/p7Pnay-1cl) sei hier der ungezügelte „Aktionismus“ so manchen Unruheständlers betrachtet. Viele angehende Rentner können den Moment des Berufsausstiegs kaum erwarten, um alle Aufgaben, die sie (meist aus Zeitmangel) vor sich hergeschoben haben, endlich anzugehen. Viele von ihnen stürzen sich in ihrer anfänglichen Euphorie in viele parallel verlaufende Altersprojekte und werden nicht selten ausgenutzt. Zum Schluss verzetteln sie sich im Wirrwarr der Ereignisse. Das Ergebnis ist oftmals Ernüchterung, Desillusionierung und Frustration. Häufig kann die Stimmung nachhaltig gestört sein und sogar in Depressionen enden.
Auf der Suche nach den Gegenspielern und Entwicklungsrichtungen
Das Gegenteil (oder die Überkompensation) von Aktionismus sind z. B. Nichtstun oder Langeweile. Aber das sollte nicht die angestrebte Perspektive sein. Auf der Suche nach einem aufwertenden Gegenspieler zum Aktionismus stoßen wir auf Wertebegriffe, wie Beherrschung, Ausgeglichenheit, Selbstkontrolle, Gleichmut oder auch Gelassenheit. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die letztgenannte Eigenschaft aufgrund unserer langjährigen Lebenserfahrung eine außerordentlich wichtige Alterskompetenz ist. Warum?
* Weil wir unsere wichtigsten Entscheidungen im Leben bereits getroffen haben.
* Weil wir im Alter „dürfen“ und „können“ anstatt zu „müssen“ oder zu „sollen“.
* Und weil wir mit einer gewissen materiellen Absicherung in die dritte Lebensphase
eingetreten sind.
Die Gelassenheit steht nach meiner Auffassung in positiver Spannung zur gesellschaftlichen Teilhabe, die wir brauchen, um auch noch im Seniorenalter äußere Anerkennung und Wertschätzung zu erhalten. Sucht man in den entwertenden Übertreibungen nach den positiven Kernen und folgt man den beiden Entwicklungsrichtungen, so stößt man auf ein ausgleichendes Optimum: die erfüllende, aktive Lebensgestaltung, in der sich die verschiedenen Werteanteile widerspiegeln.
Neben dem „Wertequadrat“ kann uns auf der Suche nach Auswegen aus dem Alterstrott der „Späten Freiheit“ noch ein weiteres Modell behilflich sein. Es handelt sich um das sog. Riemann-Thomann-Kreuz, über das ich in einem gesonderten Blogbeitrag berichten möchte. Auch wieder an Hand eines Beispieles aus der dritten Lebensphase.
Bleiben Sie bis dahin gespannt und diesem Blog verbunden.
Ihr (Vor-)Ruhestandscoach Wolfgang Schiele
© Wolfgang Schiele 2018 | Coaching50plus | http://www.coachingfiftyplus.de
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