
Wenn wir das Berufsleben verlassen (müssen), dann wird sich ein Großteil unseres Umfeldes verändern. Auf diesen Wechsel in den verschiedensten Lebensbereichen werden wir in aller Regel nicht vorbereitet …
Was alles wird sich ohne unser Zutun verändern – ob wir wollen oder nicht? Wie können wir darauf Einfluss nehmen, damit uns diese neue Lebensphase zufrieden und glücklich macht? Welche Brücken müssen wir überqueren, um heil und vorbereitet am anderen Ende wieder an Land zu gehen? Gehen wir die einzelnen Blütenblätter unserer „Blume der Veränderung“ einmal durch …
An vorderster Stelle stehen die Strukturen. Und hier nehmen die neuen zeitlichen Abläufe einen ganz besonderen Stellenwert ein. Denn all die Zeit, die Sie bisher auf der Arbeit, auf dem Wege dorthin und wieder zurück verbracht haben, steht Ihnen nunmehr für andere (häufig noch ungeplante) Tätigkeiten zur Verfügung. Ihr Wecker ist nicht mehr zwingend auf eine feste Aufstehzeit programmiert. Ihnen (und Ihrem Partner) steht de facto ein endloses Wochenende zur Verfügung, das es sowohl tagesweise als auch in größeren Zeitintervallen umzustrukturieren und mit neuen Inhalten zu füllen gilt.
Die Umgestaltung der zeitlichen Abläufe hängt unmittelbar mit der Verschiebung Ihres Lebensmittelpunktes zusammen. Menschen, die sich Zeit ihres Lebens in großen Unternehmen mit ihrem Beruf identifiziert haben, könnten Schwierigkeiten in der räumlichen Beengtheit ihres Zuhauses bekommen. Besonders dann, wenn sie in einem Mehrfamilienhaus wohnen. Ein eigenes Haus mit Garten und Hobbyraum oder Arbeitszimmer bietet dagegen Rückzugs- und Abgrenzungsmöglichkeiten. Doch auch Hobbies, das ehrenamtliche Engagement in Vereinen oder eine gemeinnützige Tätigkeit helfen dabei, zusätzliche „Freiräume“ außerhalb des häuslichen Umfeldes zu schaffen.
Klären Sie Ihre neuen Altersziele! Was wollen Sie noch erreichen in Ihren Leben? Wenn Sie als „Durchschnittsrentner“ in den Ruhestand eintreten, dann haben Sie rein statistisch noch rund 20 Jahre (+/- x) Lebenszeit vor sich. Das reicht auch für größere (Un-)Ruhestandsprojekte! Gehen Sie Ihre Biografie durch und prüfen Sie, welche Herzenswünsche und Kindheitsträume auf der Strecke geblieben sind und wie Sie das jetzt als reifer erwachsener Mensch auf einem höheren Niveau noch nachholen können!
Je älter wir werden, desto öfter stellt sich uns die Frage nach dem Sinn im Leben. Was hat das bisherige Dasein für uns wertvoll gemacht, welche Aufgabe, Mission oder Bestimmung haben wir womöglich von der Schöpfung, von der Natur mitbekommen? Welche Spuren möchten wir noch hinterlassen? Wo sind Baustellen unvollendet und wer benötigt noch unsere Hilfe? Wie können wir unsere „Späte Freiheit“ sinn- und glücksorientiert gestalten? Was möchten wir noch erledigen auf dem Weg zur nächsten Lebensphase, der Weisheit?

Was wird nach dem Ausstieg aus dem Berufsleben jetzt wichtiger für Sie, wie verändert sich Ihre innere und äußere Werte-Welt? Was tritt in den Vordergrund auf Ihrer Prioritätenliste, was wird eher bedeutungsloser für Sie und tritt in den Hintergrund? Worauf sollten Sie sich fokussieren, denn trotz der hohen Lebenserwartung sind unser aller Existenz auch Grenzen gesetzt. Schreiben Sie eine Liste all der Dinge, die Ihr Leben noch erfüllen sollen und die Ihnen wertvoll erscheinen.
Ihre soziale berufliche Rolle ist nicht mehr gefragt; lassen Sie deshalb Ihre bisherigen „Funktionen“ bedingungslos zurück und werden Sie zur berufsfreien, jetzt „freitätigen“ Person. Wechseln Sie Ihren Rollenmantel wie ein Schauspieler und erfinden Sie sich neu! Transformieren Sie all Ihr früheres Fach- und Führungswissen und nutzen Sie diese Erfahrungen und dieses Wissen in Ihrem neuen Kontext des Ruhestandes. Werden Sie z. B. vom unternehmensgetriebenen „Pflichtgolfer“ zum Jugendtrainer der U14, nutzen Sie frühere Chefqualitäten als Tourenführer im Alpenverein oder stellen Sie Ihre frühere Chefstimme nun im Männergesangverein zur Verfügung!
Bauen Sie rechtzeitig neue Netzwerke für Ihre Ruhestandszeit auf; insbesondere die außerhalb der Familie. Das bisherige berufliche Bindungsnetz löst sich innerhalb kürzester Zeit auf und das familiäre wird nicht unendlich weiter wachsen – im Gegenteil. Belassen Sie es nicht bei Kontakten, sondern knüpfen und entwickeln Sie echte Beziehungen zu Menschen und neuen Gruppen in Ihrem Leben! Finden Sie neue Zugehörigkeiten in Vereinen, die zu Ihnen passen und Menschen, die ähnlich denken wie Sie. Und seien Sie hartnäckig bei der Pflege dieser Beziehungen. Und selbst wenn Sie nicht mehr vital und mobil genug sind für Live-Kontakte: Über das Internet können Sie weiterhin an den verschiedensten Aspekten des sozialen Lebens teilhaben.
Versuchen Sie all das, was Ihnen lieb und teuer ist, an Menschen weiterzugeben, die Sie lieben, denen Sie vertrauen oder denen Sie noch etwas schenken möchten. Leben Sie echte Generativität, in dem Sie Ihr Können und Ihre Erfahrungen aus einem langen Leben der Gesellschaft, der Familie oder dem Freundeskreis anbieten. Egal, ob Sie eine Stiftung gründen, ein Buch schreiben oder materielle Güter vererben: Geben Sie nachfolgenden Generationen einen Teil Ihres wertvollen Wissens und Könnens mit.
Ihr (Vor-)Ruhestandscoach und Resilienzlotse für Best ager
Wolfgang Schiele
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